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würdiges Knabenbildnis mit der roten Mütze, von größter Eindringlichkeit, das
Valentiner und Schneider in gleicher Weise anerkannt haben. Oder das be^
rühmte Dreikönigsfest von Jan Steen, das kulturgeschichtlich und künstlerisch
zu den bedeutendsten Werken dieses diesmal so sorgfältigen, geschmackvollen
Künstlers gehört und zu dem sich erst jetzt eine alte lange Provenienz hinzu^
gefunden hat. Ganz besonderes wissenschaftliches Interesse gebührt einer von
Bode und Martin Rembrandt anheimgegebenen Vanitas, deren etwas be^
fangene Signatur sich auch unter der Quecksilberlampe und nach röntgenolo^
gischer Untersuchung als alt herausgestellt hat. Zweifellos ist diese Vanitas eines
jener frühen Bilder um 1630, die im Nachlaßinventar Rembrandts erwähnt wer-
den. Die vornehmen Landschaften von Ruisdael, Everdingen, Goyen ent^
sprechen heute wie immer dem wahrhaften Naturgefühl, das das „Genre" und die
„Staffage" entbehren kann. Rein holländische Kunst spricht aus den zahlreichen
sachlichen Stilleben von van Beyeren, J. D. de Heern, P. Claesz u. a., die mit
außerordentlichen Werken vertreten sind. Es würde zu weit führen, an dieser
Stelle die zahlreichen malerischen Meisterstücke zu erwähnen, die heute wieder
einem Sammler und Kenner alter Kunst Freude machen werden.
Unter den Plastiken und den ausgewählten kunstgewerblichen Stücken, die die
Gemäldesammlung abrunden, verdient besondere Hervorhebung die tempera^
mentvoll geschnittene Heimsuchungsgruppe, die dem großen Nürnberger
Veit Stoß außerordentlich nahesteht. In den Würzburger Kreis um Riemenschnei^
der gehört die große stehende Maria, während ein fein geschnitzter Erzengel
Michael dem ostdeutschen Kunstkreis entstammt. Das Münchener Rokoko ist
auf das beste durch mehrere eigenhändige Arbeiten Ignaz Günthers ver^
treten. Besondere Beachtung verdient ein seltenes und sehr bedeutendes rheini^
sches Bronzekruzifix, das um das Jahr 1200 zu datieren ist.
Die Bearbeitung dieses Kataloges und die Bestimmungen der Gemälde, sowie
die Provenienz^ und Literaturnachweise wurden auf das sorgfältigste vom Untere
zeichneten besorgt, wobei die Angaben der Besitzer über Urteile angesehener
Fachleute weitgehend berücksichtigt wurden. Der Unterzeichnete dankt an
dieser Stelle insbesondere den Herren Dr. Hans Schneider, Haag, Dr. Gustav
Glück, Wien, Dr. E. Buchner und Dr. R. Peltzer, München, für die ihm und dem
Auktionshaus freundlich erteilte Beratung. Für die Katalogisierung der Plastiken
und des Kunstgewerbes ist das Auktionshaus Herrn Dr. Weihrauch, München,
zu bestem Dank verpflichtet.
München, im September 1937. Dr. Walther Bernt.
 
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