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I. Excurs.
der ganzen baulichen Räumlichkeit vorbedingt und bestimmt wird. Allein anch dieses
muß der Tendenz eines andern WerkeS überwiesen werden; wir wollen hier rein nur
die Mechanik der baulichen Gliederung nach ihren praktischen größeren oder geringeren
Resultaten, so wie die Kunstsorm derselben in Betracht ziehen.
Jch bin der Ansicht daß, eben abgesehen von aller moralischen Tendenz, der Werth
eineö BaustyleS, die Stufe der Vollkommenheit auf der er gegen einen andern steht,
nach zweierlei Kriterien gemessen werden muß. Ein Mal nach dem materiellen, stati-
schen, die Mechanik der Gliederung ^), die struktive Organisation angehenden; daS
andre Mal nach dem künstlerifch-bildnerifchen, die formelle Erscheinung dieser Gliede-
rung, sowohl im Einzelnen wie auch in ihrer Gefammtheit, betreffenden.
Alles die Mechanik Angehende wird gemessen: nachdem Grade der Potenz mit welcher
ein Gefchlecht jedes baulicheMaterial werkthätig durchdrungen, sich von den Zufälligkeiten
desselben unabhängig gemacht und so dasselbe für architektonische Zwekke bezwungen hat.
Solche Besiegung des Materialeö wird dadurch bewirkt, daß man anstatt natürlicher
monolither Massen entweder künstliche Monolithe schafft, oder aber eine der Natur
des Materialeö entsprechende Organisation einzelner freier verschieden fungirender Glie-
der bewirkt, auf deren eigne Kraft die Epistenz dcS Ganzen gegründet ist, die also
zu Momenten werden, welche, so bald sie gegenseitig in statische Thätigkeit gesetzt
sind, dieGesammtsorm in dauerndsterWeise herstellen; durch diese wird injedemMateriale
daö ruhende träge Leben zu statischer Thätigkeit entwikkelt, es tritt an Stelle der
leblosen Allgemeinheit eines bloß auf der stetigen Kohärenz der Masse beruhenden mono-
lithen GebildeS, der Organismus thätiger statisch unter einander verschieden wirkender Mo-
mente eineö GliederbaueS. Da nun aus der Ueberspannung und Ueberdekkung der Näum-
lichkeit wie der freien Stützenweiten die Gliederung der Dekkung hervorgeht, und wiederum
andieGliederung derDekkung daöSchema deöPlaneS, dieDiöposition und die realenAb-
stands- oderSpannweitenderfreistehenden Stützen gebunden sind und nach ihr gestimmt
werden, so kann man kurz sagen: der Baustyl stehe in Hinsicht aufMechanik am höchsten,
welcher mittelst einer künstlichen, Momente erzeugenden Gliederung der Dekke, jedes
Material so weit besiegt habe daß er nicht allein die größeren Raum- oder Stützweiten
überspannen, sondern dabei auch jedwedes Schema der Planräumlichkeit überdekken
könne und mithin möglich mache. E§ ist daher schon früher (Einleit. Seite 17)
ausgesprochen worden, daß das vornehmste Kriterion eineö BaustyleS in seiner Dekken-
gliederung gefunden werde. Da nun die Gliederung der Dekkung mit der deö räumlichen
Es sei hicr noch cinmal sür allc Fälle bcmcrkt, daß unter Glicd nicht ein dekoratives Symbol,
cin Ornamcnt gcmcint ist, wie dies hcut zu Tagc wohl üblich, sondcrn ein Strukturtheil,
und wir folgcn dabci Vitruv, wclchcr für eincn solchcn M6M-/-rE, für die dekorativcn Extre-
mitaten aber sagt.
I. Excurs.
der ganzen baulichen Räumlichkeit vorbedingt und bestimmt wird. Allein anch dieses
muß der Tendenz eines andern WerkeS überwiesen werden; wir wollen hier rein nur
die Mechanik der baulichen Gliederung nach ihren praktischen größeren oder geringeren
Resultaten, so wie die Kunstsorm derselben in Betracht ziehen.
Jch bin der Ansicht daß, eben abgesehen von aller moralischen Tendenz, der Werth
eineö BaustyleS, die Stufe der Vollkommenheit auf der er gegen einen andern steht,
nach zweierlei Kriterien gemessen werden muß. Ein Mal nach dem materiellen, stati-
schen, die Mechanik der Gliederung ^), die struktive Organisation angehenden; daS
andre Mal nach dem künstlerifch-bildnerifchen, die formelle Erscheinung dieser Gliede-
rung, sowohl im Einzelnen wie auch in ihrer Gefammtheit, betreffenden.
Alles die Mechanik Angehende wird gemessen: nachdem Grade der Potenz mit welcher
ein Gefchlecht jedes baulicheMaterial werkthätig durchdrungen, sich von den Zufälligkeiten
desselben unabhängig gemacht und so dasselbe für architektonische Zwekke bezwungen hat.
Solche Besiegung des Materialeö wird dadurch bewirkt, daß man anstatt natürlicher
monolither Massen entweder künstliche Monolithe schafft, oder aber eine der Natur
des Materialeö entsprechende Organisation einzelner freier verschieden fungirender Glie-
der bewirkt, auf deren eigne Kraft die Epistenz dcS Ganzen gegründet ist, die also
zu Momenten werden, welche, so bald sie gegenseitig in statische Thätigkeit gesetzt
sind, dieGesammtsorm in dauerndsterWeise herstellen; durch diese wird injedemMateriale
daö ruhende träge Leben zu statischer Thätigkeit entwikkelt, es tritt an Stelle der
leblosen Allgemeinheit eines bloß auf der stetigen Kohärenz der Masse beruhenden mono-
lithen GebildeS, der Organismus thätiger statisch unter einander verschieden wirkender Mo-
mente eineö GliederbaueS. Da nun aus der Ueberspannung und Ueberdekkung der Näum-
lichkeit wie der freien Stützenweiten die Gliederung der Dekkung hervorgeht, und wiederum
andieGliederung derDekkung daöSchema deöPlaneS, dieDiöposition und die realenAb-
stands- oderSpannweitenderfreistehenden Stützen gebunden sind und nach ihr gestimmt
werden, so kann man kurz sagen: der Baustyl stehe in Hinsicht aufMechanik am höchsten,
welcher mittelst einer künstlichen, Momente erzeugenden Gliederung der Dekke, jedes
Material so weit besiegt habe daß er nicht allein die größeren Raum- oder Stützweiten
überspannen, sondern dabei auch jedwedes Schema der Planräumlichkeit überdekken
könne und mithin möglich mache. E§ ist daher schon früher (Einleit. Seite 17)
ausgesprochen worden, daß das vornehmste Kriterion eineö BaustyleS in seiner Dekken-
gliederung gefunden werde. Da nun die Gliederung der Dekkung mit der deö räumlichen
Es sei hicr noch cinmal sür allc Fälle bcmcrkt, daß unter Glicd nicht ein dekoratives Symbol,
cin Ornamcnt gcmcint ist, wie dies hcut zu Tagc wohl üblich, sondcrn ein Strukturtheil,
und wir folgcn dabci Vitruv, wclchcr für eincn solchcn M6M-/-rE, für die dekorativcn Extre-
mitaten aber sagt.