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Boetticher, Adolf
Die Akropolis von Athen nach den Berichten der alten und den neuesten Erforschungen — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.674#0328
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Zeitbestimmung der Heiligthümer. 277

später gesetzt werden als der Bau des dionysischen Theaters; vielleicht
aber reicht sie noch zurück in die vorpersische Zeit. Von den folgenden
Jahrhunderten hat jedes das Seine zur Ausschmückung der Terrasse bei-
getragen. Der Themistempel, der zweite Asklepiostempel mit dem ent-
sprechenden Eingangsthor in der Peribolosmauer, die grosse Halle im
Asklepieion, der Isistempel, der Hallenbau auf der mittleren Terrasse sind
der Reihe nach zwischen dem fünften und ersten Jahrhundert entstanden.
Reisende, welche gegen Anfang der Kaiserzeit Athen besuchten und einen
helleren Blick hatten, als später Pausanias, fanden auf der Burgterrasse
die Gelegenheit, die athenische Baugeschichte auf engstem Räume zu
stadiren. Dann ist eine Periode gefolgt, in welcher sich die Bauthätigkeit
darauf beschränkte, die Werke der Vergangenheit zu erhalten und zu
repariren; für die längst verarmte Gemeinde traten als Bauherren be-
mittelte Private ein. Diese Periode ist uns bezeugt durch die Reparaturen
am alten Asklepiostempel und dem gegenüberliegenden Propylon, durch
die Erneuerung der Säulenhalle im Asklepieion und durch die Restauration
des Isistempels. Das antike Zeitalter neigte dem Ende zu. Seinen
Abschluss hatte es erreicht, sobald der neue Glaube in die Cultstätten
des alten einzog. In Athen scheint das Asklepieion zu denjenigen
Heiligthümern gehört zu haben, welche am längsten ihrer ursprünglichen
Bestimmung erhalten blieben. Die letzten Stützen des sinkenden Heiden-
thums waren hier wie überall die Vertreter der Philosophenschulen; ver-
schiedene Indicien weisen daraufhin, dass gegen das Ende des Heidenthums
der Asklepioscultus namentlich in den philosophischen Kreisen durch die
damit verbundenen Traumorakel noch einmal eine neue Bedeutung ge-
wonnen hat.

Die letzten Nachrichten über das athenische Asklepieion finden sich
in der Lebensbeschreibung des Philosophen Proklos, welche seinen Schüler
und Nachfolger Marinos zum Verfasser hat.

Wie Marinos erzählt, benutzte Proklos die Lage seines Wohnhauses
in der Nähe des Asklepieion, um in dem Tempel des Gottes, ohne bei
den Verfolgern des heidnischen Dienstes Aufsehen zu erregen, die alten
Gebräuche, an denen seine Seele hing, zu verrichten. „Und damals
fühlte sich die Stadt noch wohl und hatte das Heiligthum des Erlösers
noch unverletzt", fügt der Biograph wehmüthig hinzu.

Danach ist anzunehmen, dass der Asklepiostempel in einem Moment
fanatischer Aufregung von den Christen zerstört worden ist. Dies wird
gegen das Ende des fünften Jahrhunderts geschehen sein, da Proklos,
der im Jahr 429 nach Athen gekommen war, im Jahre 485 daselbst starb.
 
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