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Bohn, Richard
Die Propylaeen der Akropolis zu Athen — Berlin u.a., 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.675#0023
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selben errichtet, nicht erkennen; nur die Lage des vorbeschriebenen Weges
dürfte eine ungefähre Grenze setzen. Zur Herstellung dieses heiligen Bezirks
ist der Fels unterhalb der Mauer teilweise sorgsam ausgearbeitet, und
hierdurch sowie durch ein Porospflaster ein ebener Boden hergestellt;
hierauf ruhen zwei Stufen zum Teil aus Fels, zum Teil aus Porös von
0,310 Höhe; diese trugen die nur noch teilweise erhaltene, aber aus
den Stossfugen längs der ganzen Ost- und Südseite nachweisbare vorn
und oben glatte Marmorschwelle von 0,300 Höhe bei 0,350 Tiefe.
Zwischen dieser und der Polygonmauer, aber unmittelbar an erstere
anschliessend, befindet sich längs der Ostseite eine Marmorplatten-
bekleidung von 0,090 Dicke noch in situ. Die Länge dieser Platten ist
verschieden; ihre Höhe 1,170; der in der Tiefe etwas variierende Raum
zwischen ihnen und den Burgsteinblöcken scheint mit Geröll ausgefüllt
gewesen zu sein. Wie die Ost-, so war auch die Südseite konstruiert;
nur fehlt hier die Polygonmauer; doch weisen Anschlussspuren auf eine
gleiche Form der Verkleidung hin und wir werden irgend eine Hinter-
mauerung hier voraussetzen müssen, die verschwunden ist. Denn der jetzt
freigelegte Fels südlich zeigt ausser einer geringen Spur von Bearbeitung
nichts Bemerkenswertes; einige in einer Flucht liegende Steine lassen an
eine ältere unregelmässige Mauer denken. Wahrscheinlich war der Raum
südlich dieses Heiligtums bis zu einer gewissen Höhe angefüllt.

Am Nordostende dieses Megarons befindet sich, unmittelbar gegen
die Marmorbekleidung gelehnt, eine Dreifussbasis; ein Unterblock aus
Porös 0,265 hoch; darauf um 0,060 zurückspringend eine weisse Marmor-
plinthe 0,219 hoch, 0,725 breit, 0,690 tief; die Oberfläche zeigt in der
Mitte eine runde rauhe Vertiefung von 0,300 Durchmesser, ringsherum
drei gleichfalls kreisrunde Vertiefungen, deren Boden konvex gehöhlt, also
in der Mitte 0,010, an dem Rande 0,018 tief ist, ihr Durchmesser beträgt
0,135; die südlichste enthält noch das antike Metall. Es sind also offenbar
die Standspuren für die Füsse eines darauf einst ruhenden Dreifusses.

Wir haben es bei dieser ganzen Anlage sicherlich nicht mit einem
allerseits geschlossenen Gebäude zu tun; die Konstruktion der Wände

spricht entschieden dagegen; wol aber kann es ein bis zu einer gewissen
Höhe umfriedigtes Temenos gewesen sein, das sich gegen die Brauronische
Stützmauer lehnte. Man könnte annehmen, es sei irgend einer Gottheit
geweiht gewesen, die unmittelbar vor den Toren verehrt wurde; doch hier-
über weitere Hypothesen aufzustellen, mag Berufneren überlassen bleiben'.

Die Grabungen förderten aber noch andre Felsbearbeitungen zu
Tage, unmittelbar vor der jetzigen Westfront gelegen, wo die moderne
Treppe diese trifft. Da die Fundamente des mnesikleischen Baues zum
Teil darüber hinlaufen, so müssen jene Spuren einer älteren Epoche
angehören; aber ihre von der jetzigen Front nur wenig abweichende
Richtung stimmt mit keinem der bisher erwähnten Reste überein. Es
sind mehrere terrassenartige Bettungen; ihre etwas komplizierte Form
veranschaulicht am besten die Skizze [siehe Taf. XV, Nr. 9 und vgl.
damit die Situation Taf. II]. Auch ein Stein; bündig mit der einen
Vorderkante liegend und nach der anstossenden Schräge abgearbeitet,
kennzeichnet sich dadurch als in situ befindlich; seine Vorderseite und
Oberfläche sind glatt; letztere scheint abgenutzt. In der äussersten Süd-
ostecke erscheinen noch einige stufenartig tief eingeschnittene Bettungen,
welche weiter zu verfolgen jedoch die Fundamente und die moderne
Treppe behindern. Diese geringen Reste genügen nicht, um etwas
Sicheres hineinzuinterpretieren; ihre Anordnung verbietet, an einen ram-
penartig ansteigenden Weg, etwa aus der Pisistratidenzeit, zu denken;
sie mögen vielmehr zu irgend einem gleichfalls vor den Toren liegenden
Heiligtum zu rechnen sein.

So viel über die Reste des älteren Burgaufgangs. Das Terrain ist
durch die letzten Grabungen überall in so ausreichender Weise untersucht
worden, dass wir schwerlich hoffen dürfen, innerhalb der Akropolis noch
weiteres Material in dieser Beziehung gewinnen zu können, und uns mit
diesem Wenigen abzufinden versuchen müssen.

1 Vgl. hierzu Ad. Furtwängler: die Chariten der Akropolis. Mitteilungen des
Deutschen Archäologischen Instituts in Athen. III. Jahrgang. Heft III.

B. DER BAU DES MNESIKLES.

IVi.it der grossen Idee einer mächtigen Festtoranlage, wie sie Perikles
plante, konnten jene älteren Reste nicht verschmolzen werden; kein Flick-
werk sollte entstehen, sondern ein Neubau nach einem einheitlichen Plan
und aus einem Guss. Über das Bauprogramm und die Disposition im
Allgemeinen ist bereits oben gesprochen. Es ist ein Festportal für den
heiligen Burgbezirk und schliesst den westlichen Hang in seiner gesammten
Breite ab, so dass nur in der Mitte ein würdiger Zugang geschaffen wurde;
diese neue Axe fällt ungefähr mit der Längsaxe des Hochplateaus zusammen
und bietet so dem Eintretenden den schönsten Ueberblick über dieses und
seine Heiligtümer dar. Sie weicht1 um 130 57' von der Ostwestlinie ab
und von der des Parthenon (140 17') nur um 20'.

Die Terrainverhältnisse machten diese Aufgabe nicht gerade leicht,
sie wirkten aber bedingend und belebend auf die Gesammtkomposition
ein. Der südöstliche Teil des Neubaues ruht mit seinem Marmorpflaster
direkt auf dem gewachsenen Felsen, ja stellenweise musste letzterer zu
diesem Zwecke besonders abgearbeitet werden. Rasch aber fällt das
Terrain nach Nord-West ab, so dass dort bedeutende Substruktionen
nötig werden. Zunächst liegt schon das Niveau der grossen Westhalle
um 1,760 tiefer als das östliche Hexastil, und die Fundamente der am
weitesten vorspringenden Pinakothek reichen noch circa 7,50 m tiefer hinab.

So weit diese Unterbauten bestimmt waren, dem Auge entzogen
zu werden, benutzte man zu ihnen das zahlreiche seit der persischen
Zerstörung auf der Burg vorhandene Material älterer Anlagen; es zeigen
dieses nicht allein die jetzt offen liegenden Fundamente der Westfront,
sondern auch sämmtliche andere Stellen, die behufs näherer Untersuchung
freigelegt wurden. Es sind grösstenteils quaderartige Blöcke aus Porös
mit Anschlussflächen oder Unterschneidung, gut geschichtet, aber ohne

1 Vgl. Emile Burnouf, La legende Athenienne. Paris 1872. Cap. II.

sonderliche Rücksicht auf Verband verlegt; daneben kommen aber auch,
wie z. B. an der Westfront, andere Stücke, Marmorplatten, ja eine Halb-
säulentrommel vor.

Die grösste Ausdehnung, von der Schwelle des östlichen Hexa-
stils bis zum westlichen Stirnpfeiler des Krepidoma am Nord- resp. Süd-
flügel gemessen, beträgt 33,600 m. Die grösste Entfernung von Nord
nach Süd ohne Rücksicht auf den ansetzenden nördlichen Verlängerungs-
bau 46,860 m.

Die Anlage selbst zerfällt in drei Teile, und wir werden demgemäss
dieselbe auch getrennt behandeln. Der Plauptteil ist die grosse Mittel-
halle; nördlich daran stösst die Nordhalle, auch Pinakothek genannt, dem
gegenüber liegt die Südhalle, von deren Gestaltung der Nikepyrgos unzer-
trennlich ist. Hieran schliesst sich als viertes die Frage, wie war einst
der Burgaufgang gebildet, und welche Wandlungen hat derselbe erlitten.

MITTELHALLE.

Ihre Längenausdehnung von Stereobatkante Ostfront bis Vorderkante
Unterstufe Westfront beträgt 25,040, ihre lichte Weite, .unmittelbar über
dem Sockel gemessen 18,125. Den Kern der Halle, mithin also auch
der:ganzen Anlage, bildet die grosse von Nord nach Süd laufende, von
fünf Toren durchbrochene Wand. Sie ist der eigentliche Mittel- und
Ausgangspunkt, um den sich das Übrige gruppiert. Westlich vor ihr
liegt ein grosses Prachtvestibul, der Raum vor den Toren — ** npo;™-
Xaia — der dem Ganzen den Namen gab; östlich schliesst sich eine
Halle von geringerer Tiefe an. Der breite Mittelweg, der Längsaxe
folgend, trennt die Halle in drei Schiffe; diese Dreiteilung spricht sich
auch im Fussboden vollständig, in der Deckenbildung nur bei der west-
lichen Vorhalle aus.
 
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