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Bohn, Richard
Die Propylaeen der Akropolis zu Athen — Berlin u.a., 1882

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https://doi.org/10.11588/diglit.675#0045
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In die perikleische Zeit gehören aber noch die Gründungen weiter
unterhalb, jene zum Teil aus dem Fels gearbeiteten, zum Teil frei auf-
geführten schrägen Futtermauern. Dieselben können nur eine grosse Terrasse
eingeschlossen haben. Dass der Weg jemals durch sie hindurchgegangen,
ist unwahrscheinlich, denn die spätere Treppe zeigt keinen Mittelweg, und
man kann nicht annehmen, dass, wenn ursprünglich einer vorhanden'
gewesen, man denselben in römischer Zeit kassiert und anders wohin
verlegt hätte, zumal er doch in dem oberen Teile beibehalten wurde;
auch dieses spricht für die obige Behauptung, dass der Weg eine
bedeutende Wendung nach Süden machte. Zogen sich unterhalb der
Terrasse Anlagen hin, deren Material später zum Bau der Tortürme
verwendet wurde?

Mannigfache Wandlungen mag der Aufgang schon im Laufe der
vorchristlichen Jahrhunderte erfahren haben und allmälig seiner Zerstörung
entgegen gegangen sein; nicht im geringsten mag dazu die Belagerung
der Burg durch den Feldherrn des Sulla beigetragen haben; doch muss
die Anlage in der Hauptsache, namentlich die schräge Stützmauer noch
bestanden haben, als man das Agrippapostament errichtete; denn dafür
spricht seine Stellung gerade an der Stelle, wo der angenommene Weg
umbog, dem Kommenden die vorteilhafte Seitenansicht bietend, dann
seine Situierung parallel zu jener Stützmauer, also abweichend von der
später durch die Treppe fixierten Axe.

Dass die grosse Generalreparatur, die eine vollständige Neugestal-
tung' war, aus römischer Zeit stammt, ist oben erwiesen worden; und
I, pag. 6 ist als wahrscheinlich die Vermutung hingestellt worden, dass
das Jahr 38 n. Chr. die Vollendung dieser Arbeit bezeichnet. Eine solche
prunkende Treppe entspricht ganz dem Geiste der Cäsarenherrschaft; von
den Stufen des Hexastyls bis zu den unteren Tortürmen ist sie aus einem
Guss. Nach den verschiedenen oben besprochenen Spuren können wir
dieselbe leicht rekonstruieren. Sie zerfällt in zwei Abschnitte, die von einem
durchgehenden Podest getrennt werden. Der obere Teil ist in der Mitte
von dem Reitweg durchschnitten, dessen Konstruktion die beiden übrig ge-
bliebenen Platten geben, d. h. geneigte Ebene mit Abtreppung verbunden.
Auf dem Podest bog der Weg nach Süden um, und der untere Teil
wurde in seiner ganzen Breite von der Treppe eingenommen. Daran
schloss sich wieder ein schmales Podest, und symmetrisch die beiden
Tortürme. Ihre Konstruktion und geringe — nur 0,56 betragende —
Steindicke schliessen den Gedanken an eine fortifikatorische Bedeutung
aus; es sind vielmehr nur flankierende Treppentürme, mehr eine Zierat,
als von praktischer Bedeutung, aber wol aus den Terrainverhältnissen
hervorgehend. Zwischen ihnen hindurch führte, nach dem Sockel zu
urteilen, der Weg horizontal in Podesthöhe, ohne dass man seine weitere
Fortsetzung bestimmen könnte, da ja später das Terrain so bedeutend
vertieft wurde. Man möchte in dem Ganzen vielmehr eine Art von
Nachäffung der oberen Gruppierung erblicken.

Wie dort die Treppe von den beiden Flügelbauten eingefasst wird,
so sollte hier, nur in kleineren Dimensionen, nochmals der Eingang um-
fasst werden; eine Planbildung, die uns in jener Zeit nicht befremdlich
erscheinen kann. Vielleicht können hierher die zahlreich dort gefundenen
Porostriglyphen als krönender Mauerschmuck gehören; und ist es Zufall,
dass die Werkzeichen A bis I neun Schichten, d. h. gerade so viel als
an den Flügelbauten ergeben? Ostwärts waren die Räume nicht ge-

schlossen. Die mittleren Schenkelmauern brechen an dem Podest ab-
irgend welche Spur einer Verbindung untereinander, die sich in den
Fundamenten doch hätte erhalten können, ist nicht da. Die Mauer mit
dem Marmorportal ist bis in die untersten Schichten hin moderneren
Ursprungs; und wir werden uns deshalb wol schwer ein genaueres Bild
der einstigen Lösung hier machen können.

So mag es jahrhundertelang bestanden haben, bis es durch Zer-
störung gelitten, und andere Bedingungen herantraten, die einen gründ-
lichen Umbau notwendig machten. Über die Zeit, in der dieses geschehen
sein könnte, ist bereits früher gesprochen worden. Eine grosse Mauer
sperrte quer den Aufgang, in der Mitte von der Marmortür durchbrochen;
die anschliessenden Vorsprünge wurden zu Türmen umgestaltet, Pfeiler
mit Gewölben eingesetzt, Obergeschosse eingerichtet und Helme aufge-
setzt; ferner wurden sie indirekt dadurch erhöht, indem man mit dem
neuen Eingang auch das Terrain aussen erniedrigte. Dahinter lag dann
ein langer gewölbter Raum, durch den der Weg hindurchging; seine
Breite lässt sich an der Nordseite noch genau bestimmen, indem sich
dort der Ansatz des östlichen Widerlagers erhalten hat; dieses lief auf
den Stufen entlang; östlich davon sind sie weggebrochen, nur in der Mitte,
wo der Weg ging, blieben sie erhalten. In der nördlichen Ecke führte
eine Treppe in das Obergeschoss.

Da aber durch diesen axialen Eingang wegen seiner Treppen
niemals Pferde in die Burg hätten gelangen können, so muss daneben
der von Süden kommende Weg stets bestanden haben. Sehen wir
doch auch weiter oberhalb Reste dieses Reitweges, der bei geringerer
Neigung als der römische mit einer Biegung zur Höhe gelangt sein
muss [pag. 3 6 ].

So erhielt sich die Untertoranlage bis in das 17. Jahrhundert, ob
benutzbar, ist eine andere Frage; jedenfalls aber beweisen die Spuren
der Flintenkugeln an den Marmorplinthen der Tür, dass dieselbe noch
zur Zeit der Feuerwaffe sichtbar gewesen, auch finden wir auf dem Plan
der Kapuziner noch die beiden Tortürme. Dieses neue Element, welches
inzwischen in die Kriegführung gekommen war, bedingte aber eine gründ-
liche Umgestaltung der Verteidigungswerke; alle Mauern mussten ver-
stärkt, mächtige Wälle zur Aufstellung von Geschützen angelegt werden.

Diese Umwandlung kann sich erst unter der türkischen Herrschaft
vollzogen haben. Zwischen Nikepyrgos und Agrippapostament wurde ein
breiter Wall gezogen, 7 bis 8 m dick1. Der Weg stieg längs der
Batterie empor, bog durch ein Tor, nahe dem Agrippapostament, um
und führte dann steigend über angehäufte Trümmermassen zum Krepi-
doma des Südflügels, und an dem auf letzterem errichteten Turm vor-
über südlich durch ein letztes Tor zur Hochfläche der Burg.

Ich schliesse hiermit die technischen Bemerkungen über den Auf-
gang, indem ich dieselben hier nur so weit verfolgt habe, als noch vor-
handene Reste direkt sprechen. Für die fernere Entwickelung sind wir
vorzugsweise auf Zeichnungen und Berichte angewiesen, und ich habe
deshalb die weiteren Schicksale des Aufgangs bereits in dem historischen
Abschnitt behandelt.

1 Diese Dimension beweist, dass der Wall nicht älter sein kann, als die Ein-
führung der Feuerwaffe, denn nur der Zweck einer Geschützaufstellung konnte solche
Dimensionen bedingen; ich kann deshalb Ross nicht beipflichten, der denselben in das
frühe Mittelalter setzt; auch haben wir ja gesehen, wie der Weg zu jener Zeit ging.

D. AGRIPPAPOSTAMENT.

U ber seine Stellung und Orientierung ist bereits gesprochen worden.
Der Unterbau (vgl. Taf. XXI.) besteht aus roh zugehauenen Blöcken, — die
Westseite hat im Jahre 1865 eine Restauration erfahren müssen, — trotzdem
war derselbe bestimmt, teilweise sichtbar zu bleiben, da an der Südseite ein
treppenartig fallender Materialunterschied dieses markiert. Auf ihn folgen
zwei Stufen, an deren oberer Kante noch ein roher kräftig vortretender
Werkzoll stehen geblieben; dann ein glatter Sockelstein, welcher das aus
zwei Toren mit einem Trochilus dazwischen bestehende Fussgesims trägt,
von dem ein leicht geschwungener Ablauf in die aufgehende Fläche über-

leitet; der Aufbau verjüngt sich nach oben; der Grundriss ist ein Recht-
eck von — unten gemessen — 3,313 Front und 3,805 Seite. Die Höhe,
einschliesslich Fussglied und Krönung, beträgt 8,910. Die Fläche zeigt
den charakteristischen Wechsel von Hoch- und Flachschichten bei ver-
schiedenen Maassen; erstere 0,63 bis 0,70, letztere 0,20 bis 0,26 hoch,
nur die unterste hat 0,89 Höhe. Unter dem Plauptgesims läuft ein
rauher, also offenbar nicht vollendeter Hals herum, auf den zwei Ky-
matien mit je einem Rundstab, und eine Hohlkehle als krönende Sima
folgen; hierauf ruhte, wiederum bis zur Wandfläche zurücktretend, eine

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