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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0403
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Fünftes Kapitel. Die Zahl der Altäre 385

Kirchen eine größere Zahl von Altären errichtet, wie wir von Nerses von Lampron
(f 1198) hören, der ein solches Vorgehen als Verletzung des alten Brauches ernstlich
bekämpfte. „Die Ecken der Kirchen", sagt er, „füllen wir mit Altären... Während
sich die grolle Kirche in Konstantinopel, die Kirche zu Ani, die Sionskirche in
Jerusalem, die Petruskirche in Antiochien und die Hagia Sophia zu Tarsus mit
einem Altar bescheiden, haben wir in den Klöstern die Altäre zahlreicher gemacht
als die Bewohner derselben." „Dem einen Christus", meint er, „ist ein Altar
genug, aber zahlreiche Diener sind ihm noch zu wenig." Es waren nach Nerses be-
sonders die Klöster, die in ihren Kirchen unter Abweichen von den alten Kanones
statt eines einzigen mehrere Altäre anbrachten7.

Sehr früh begegnet uns im Osten eine Mehrzahl von Altären in der Grabes-
kirche zu Jerusalem und in der Marienkirche im Tale Josaphat. Denn es gab schon
um 670 in jener nicht weniger denn fünf Altäre, von denen drei nach Norden, Westen
und Süden in Kapellennischen des inneren Portikus standen, der vierte vor dem Ein-
gang des hl. Grabes und der fünfte an der Ostseite der mittleren Botunde sich befand,
in dieser vier8. Die Altäre entstammten zwar nicht den Tagen Konstantins, sondern
wurden erst im 7. Jahrhundert errichtet, als Patriarch Modestus die 614 von den
Persern in Schutt und Asche gelegten heiligen Stätten wieder aufbaute. Indessen ist
selbst noch für diese spätere Zeit eine derartige Häufung der Altäre im Osten sehr
auffällig, erklärt sich aber zur Genüge aus dem Charakter und der Bedeutung der
hl. Stätten. Sie waren nicht lediglich Heiligtümer des Ostens, sondern der ganzen
christlichen Welt, zu denen auch aus dem Abendland die Pilger zahlreich herbei-
eilten. Es mußte darum natürlich auch dem Brauch des letzteren Bechnung getragen
werden, zumal es unter der Menge der Pilger, die nach Jerusalem zogen, viele
Priester gab, denen die Möglichkeit geboten werden mußte, an den hl. Orten ihrer
Andacht, entsprechend das hl. Opfer darzubringen. Eine größere Zahl von Altären
war deshalb an den hauptsächlichsten der heiligen Stätten nicht zu umgehen; sie
war durch die besonderen Umstände geradezu gefordert.

SECHSTES KAPITEL

DER ORT DER AUFSTELLUNG DER ALTÄRE

I. DER ORT DES HOCHALTARES

Der Hochaltar hatte gemäß seiner hervorragenden Bedeutung als
Gemeindealtar und als Stätte der öffentlichen Feier der Liturgie sowie zum
Ausdruck der Scheidung zwischen Klerus und Laien, zwischen den am Altare
tätigen Geistlichen und dem der liturgischen Handlung lediglich anwohnen-
den Volke seinen Platz an der vorzüglichsten Stelle in der Kirche, imPres-
byterium. Schloß dieses mit einer Apsis, so stand erinvorkarolingi-
s c h e r , ja selbst noch in karolingischer Z e i t in der Regel nicht im Scheitel
derselben, noch überhaupt in der Apsis selbst; er war vielmehr gewöhnlich
— je nach den örtlichen Verhältnissen oder dem besonderen örtlichen
Brauch — mehr oder weniger weit vor ihr aufgestellt. Andernfalls würde
für den ihn umgebenden Klerus zu wenig Platz gewesen sein, zumal die Apsis

7 Nach gütiger Mitteilung des Herrn Prof. gaben fußen auf den Mitteilungen des Bischofs

Dr. J. Strzygowski zu "Wien. Arculfus, der neun Monate in Jerusalem ge-

* Adamni De löcis sanctis 1. 1, c. 2, 3 und 12 weilt hatte.
(C. SS. eccl. XXXIX, 227 230 241. Adamnus' An-

Braun, Der christliche Altar I. 25
 
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