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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0438
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420 Dritter Abschnitt. Das altare portatile

Die Gesichtspunkte, unter denen der Tragaltar im Interesse einer mög-
lichst allseitigen und erschöpfenden Darstellung betrachtet werden muß, sind
Material, Form und Ausstattung. Wir beginnen auch hier wieder mit der
Frage nach dem Material der Portatilien.

ERSTES KAPITEL

DAS MATERIAL DES TRAGALTARES

I. STEIN ALS MATERIAL DES TRAGALTARES

Die durch Konstantin der Kirche gewährte Freiheit hatte auch die Folge,
daß durch die neuen, günstigeren Verhältnisse, unter denen der Kultus sich
ungehindert entfalten konnte, allenthalben aus dem tragbaren ein stabiler
Altar wurde. Dieses führte dann bald dazu, daß man den Altar nicht mehr
aus Holz, sondern aus Stein erbaute. War aber der feststehende Altar nun-
mehr der Regel nach aus Stein gemacht, so mußte es natürlich angemessen
erscheinen, daß auch dessen Ersatz, das Portatile, aus Stein hergestellt werde.

Ausdrücklich bezeugt wird uns Stein als Material des Tragaltares
zuerst durch die Gebete des Ordo der Portatilienweihe des Sakramentars von
Gellone1.

Ut metalli hujus expoliatam materiam supernis sacrificiis imbuendam ipse
suae dotare sanctificationis ubertate, praecipiat, qui quondam lapideas legem scripsit
(in) tabulas . . . heißt es im ersten, qui inter creaturas formam lapidei metalli ad
obsequium tui sacrificii condidisti ... im zweiten, lapides istos, divinis cultibus
apparatos benedic atque sanctifica et sacri huius mysterii sicut institutor, ita etiam
sanctificator appare im dritten Weihegebete. Metallum war im Sinn von „Stein"
schon im klassischen Latein gebräuchlich. Im Ordo des Gelloner Sakramentars
wird diese Bedeutung des Wortes sowohl durch das im zweiten Gebete ihm bei-
gefügte lapideum als durch lapides istos des dritten außer allem Zweifel gestellt.
Daß aber der Ordo von der Weihe der Portatilien handelt und darum die tabulae,
für deren Weihe er das Formular bietet, nur als Portatilien verstanden werden
können und nicht als Vorsatztafeln des Altares (Frontalien, Antependien), geht
klar aus dem Wortlaut der Weihegebete hervor. Zudem wurden diese Altar-
frontalien nicht aus Stein hergestellt, während doch die tabulae des Ordo in den
Gebeten als steinern erscheinen. Die tabulae des Ordo als Aufsatztafeln oder
Retabeln zu fassen, verbietet außer dem Wortlaut der Weihegebete der Umstand,
daß Retabeln im 8. Jahrhundert noch nicht in Gebrauch waren.

Der Ordo der Portatilienweihe des Gelloner Sakramentars kehrt auch in
mehreren Pontifikalien des 9. und 10. Jahrhunderts wieder, so in einem Pontilikale
der Universitätsbibliothek zu Freiburg und einem Pontifikale zu Donaueschingen',
in einer Handschrift der Züricher Kantonalbibliothek3, in zwei Pontifikalien der
Ambrosiana zu Mailand, einem Mailänder und einem Mainzer, in einem Pontifikale
von Noyon*. Ebenso begegnet er uns noch zu Beginn des 11. Jahrhunderts in einem
Lyoner Pontifikale5 und im 11.—12. Jahrhundert in einem Trierer Pontifikale der
Pariser Nationalbibliothek6. Das letztgenannte sowie das Pontifikale von Noyon
sind besonders wichtig, da aus ihnen mit aller Bestimmtheit hervorgeht, daß die

* Paris, NationalbiM. fl. 12048. Vgl. auch * Magistretü 11. Mart. 1. 2, c 13, ordo 6;
Mart. 1. 2, c. 13, ordo 1; II, 245. II, 261.

* M. J. Metzger, Zwei karolingische Ponti- . ., , , , - TI „_.
fikalien vom Oberrhein (Freiburg 1914) 114 u. 36\ Mart" h c- ordo 9; "' 271,

* Cod. Stiftsbibl. c. 102; Gerb. Mon. II, 50. • F. 1. 13313.
 
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