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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0462
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444 Dritter Abschnitt. Das altare portatile

Selbst aus dem 16. Jahrhundert sind nur wenige Portatilien vorhanden,
welche die Weihekreuzchen zeigen, so ein Tragaltar in der Schnütgensammlung des
Kölner Kunstgewerbemuseums, ferner zwei Portatilien im Dommuseum zu Trier,
ein Tragaltar im Dommuseum zu Augsburg und ein Tragaltar in der Kathedrale zu
Narbonne. Die Kreuzchen des Kölner Portatiles, ein größeres mittleres und vier
kleinere in den Ecken, sind in leichtem Relief ausgeführt2. Bei dem einen der
Trierer Tragaltärchen sind sie nicht im Stein, sondern in der Holzfassung angebracht
(Tafel 84); bei dem zweiten zeichnen sie sich durch ihre elegante, reiche Form aus;
auch sind sie, um sich besser von dem Stein, weißem Marmor, abzuheben, mit roter
Farbe ausgefüllt. Das Augsburger Portatile zeigt in der Mitte des Steines statt eines
Kreuzchens eine Kreuzigungsgruppe eingraviert; die in den Ecken angebrachten
Kreuzchen werden von einer Hand, die durch das Wundmal als Christi Hand gekenn-
zeichnet ist, gehalten. Beim Narbonner Tragaltar sehen wir alle fünf Kreuzchen
in das mittlere Feld desselben zusammengedrängt, welches von einem dreifachen
Fries umrahmt wird, einem Rankenfries, einem Inschriftenfries, der in Früh-
renaissancekapitalen die Worte enthält: Hec cuotienscu(n)q(ue) feceritis i(n) mei
memoriam facietis und einem spätgotischen Maßwerkfries. Das Ornament, mit dem
die ganze Oberseite wie übersponnen erscheint, ist in den Stein, weißen Marmor,
eingegraben und mit braunem Harz gefüllt. Natürlich hat es im 16. Jahrhundert
auch noch andere Portatilien gegeben, welche mit Weihekreuzchen versehen wurden,
doch scheint es nicht, daß es viele waren, welche damals mit solchen ausgestattet
wurden. Überhaupt bürgerte sich die Sitte, das Portatile mit Weihekreuzchen aus-
zustatten, bis in das 19. Jahrhundert hinein nur wenig ein. Erst in jüngerer Zeit
wurden dieselben auch auf ihm üblicher. Am gebräuchlichsten wurden sie auf den
Portatilien in Deutschland, wo es nun fast Regel wurde, auf denselben Weihekreuz-
chen anzubringen.

DRITTES KAPITEL

ARTEN DES TRAG ALTAR ES

I. DER TAFELFÖRMIGE TRAQALTAR
1. Alter und Verbreitung. Nach Bau und Bildung lassen sich
drei Arten oder Typen des Tragaltares unterscheiden, der tafelförmige
Tragaltar, der altarförmige und der kastenförmige.

Der ersteTypusist der älteste und zugleich derjenige, welcher sich
allein dauernd im Gebrauch erhalten hat. Die zu ihm gehörenden Tragaltäre
stellen eine Tafel dar, die entweder dem Altar, der eines Portatiles bedurfte,
oben bloß aufgelegt oder in eine dort angebrachte Vertiefung eingelassen
wurde.

Das letztere war das bequemste und zweckmäßigste und darum auch wohl bei
einfachen Portatilien das gebräuchlichste. Der hl. Karl schrieb diese zweite Weise
ausdrücklich vor, wenngleich mit dem Hinzufügen, es müsse der Altarstein ein wenig
vortreten, damit der Priester ihn zu erkennen vermöge1. Auch der Ornatus ecclesia-
sticus des Jakob Myller2 und die Prager Synode von 1605 wollen, daß das Portatile
in eine Vertiefung eingefügt werde, und zwar soll es auch nach diesen ein wenig
herausstehen, auf daß der Priester sehe, wo es sich befinde. Dabei bestimmt die
Prager Synode noch des weiteren, es müsse so angebracht werden, daß es nicht
entfernt werden könne".

« Abb. in Zeitschrift XVII (1904) 17. ■ Orn. eccl., 76.

1 Instr. fabr. eccl. 1.1, c. 15 (AA. eccl. Med., 572). • C. 12 (Hartzh. VIII, 689).
 
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