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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0543
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VIERTER ABSCHNITT

DAS ALTAR GRAB

I. KAPITEL

DAS ALTARGRAB IN GEGENWART UND VERGANGENHEIT

I. HEUTIGER BRAUCH

Opferkult und Reliquienkult sind, an sich genommen, zwei ganz und gar
verschiedene Dinge, zwischen denen weder eine direkte noch indirekte Be-
ziehung besteht. Das schließt indessen nicht aus, daß sich historisch zwischen
ihnen eine Verbindung bilden konnte, indem man sie auf Grund gewisser, in
ihrer Natur begründeter Erwägungen einander nahebrachte. So wurde dann
freilich in allmählicher geschichtlicher Entwicklung der Altar, die Stätte des
Opfers des Neuen Bundes, zugleich die Stätte, an der in besonderem Sinne der
Reliquienkult anknüpfte und sich betätigte.

Diese Betätigung war und ist eine mannigfache. Ihre älteste und vor-
nehmste Form ist die Hinterlegung der Reliquien in einem dafür bei der Altar-
weihe besonders bereiteten Behälter des Altares, dem Reliquiengrab oder
Sepulcrum. Sie ist von den übrigen am Altar sich vollziehenden Formen des
Reliquienkultes tiefgreifend verschieden.

Zwischen dem Reliquienschrein, der über oder unter die Mensa gesetzt ist,
und dem Altar selbst besteht nur ein äußerer, ein durchaus loser Zusammenhang.
Wie er nicht angebracht zu werden brauchte, kann er auch jeden Augenblick ohne
irgendwelche Folgen für den Altar wieder entfernt werden. Nicht so beim
Reliquiengrab. Seine Verbindung mit dem Altar ist eine innerliche. Es bildet heute
infolge einer durch Jahrhunderte sich hinziehenden Übung und Gewohnheit einen
integrierenden, ja einen geradezu notwendigen, für die Gültigkeit der Altarweihe
wesentlichen Bestandteil sowohl des altare flxum wie des altare portatile. Sie
ist aber auch eine ständige und unlösbare, sofern nicht bloß die Gültigkeit des
Aktes der Konsekration durch das Vorhandensein des Reliquiengrabes bedingt ist,
sondern auch die Fortdauer dieser Gültigkeit durch die völlig intakte Erhaltung
desselben.

Die Notwendigkeit der Hinterlegung der Reliquien in den Altar begründet
sich sowohl durch uralten und darum rechtskräftigen, verpflichtenden
Rrauch, als auch, und zwar besonders durch die eine solche vorschreibende
Weiheformel des heute allgemein bindenden römischen Pontifikales und die
ausdrücklichen Bestimmungen des neuen Codex juris canonici1.

Das Dekret Alexanders III. (1159—1181) in der Dekretalensammlung Gre»
§°rs IX.»: Ad haec si altare motum fuerit aut lapis ille solummodo supra positus,
qm sigillum continet, confractus aut etiam diminutus exstiterit, debet denuo
eonsecrari, verlangt nicht ausdrücklich das Vorhandensein des Sepulcrums, setzt

' Can. H98, § 4; can. i2oo, § 2, ad 2. • L. 3, tit 40, c. 1.
 
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