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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0664
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646 Vierter Abschnitt. Das Altargrab

Ein oblonges hölzernes Holzkästchen mit Schiebedeckel von der Art der Käst-
chen zu Vieh, das wie dieses aus einem Stück Holz geschnitzt und ganz unverziert
war, fand man 1888 beim Abbruch eines im 12. Jahrhundert errichteten Altares der
früheren Klosterkirche S. Stefano zu Fiano Romano in der römischen Campagna".
Ein kleiner, nur ca. 3 cm hoher, in der Mitte bloß zirka 454 cm im Durchmesser
haltender napfartiger Holzbehälter, der in dem Sepulcrum eines Altares der Kirche
zu Cletzen (Kreis Delitzsch) gefunden wurde, gelangte ins Provinzialmuseum zu
Halle, wo ich ihn sah. Der Altar wurde um 1200 geweiht". Eine schöne, zylinder-
förmige Reliquienbüchse aus Ahornholz entdeckte man 1915 im Sepulcrum des ehe-
maligen Laienaltares der Klosterkirche zu Preetz in Schleswig-Holstein (Tafel 106).
Sie wurde samt dem übrigen Inhalt des Sepulcrums wieder im Altar geborgen.

Im ganzen sind hölzerne Reliquienbehälter seltenei* in den alten Altarsepulcra
zutage getreten. Begreiflich übrigens, da sich solche, weil zu leicht der Ver-
moderung ausgesetzt, für die meist etwas feuchten Sepulcra weniger eigneten und
darum auch weniger zur Verwendung gekommen sein werden.

Daß die Bleikästchen, die zur Aufnahme der Reliquien gebraucht wurden, in
der Regel für eben diesen Zweck hergestellt worden waren, ist unzweifelhaft.
Dagegen werden umgekehrt die mannigfaltigen anderen Reliquienbehälter, die in
mittelalterlichen und nachmittelalterlichen Altarsepulcra gefunden wurden, mögen
sie nun Gläser, Holztöpfchen, Ton- und Steingefäße darstellen oder von sonst
welcher Art sein, meistens nicht angefertigt worden sein, um als Sepulcrum-
reliquiare zu dienen. Man nahm sie, weil man sie gerade zur Verfügung hatte, und
sah dabei selbst von einer etwaigen profanen Ornamentierung ab, welche sie zeigten.
Man denke nur an das Kiedricher Reliquiar, das Silberkästchen aus S. Andrea zu
Vercelli und das Werner Zinnbüchschen mit seinen Monatsarbeiten. Daher auch die
auffallende Erscheinung, daß uns, abgesehen von den Limousiner Emailpyxiden, die
gelegentlich als Behälter für die im Sepulcrum beizusetzenden Reliquien benutzt
wurden, auf den zahlreichen Reliquiengefäßen, die aus Altarsepulcra stammen, nur
selten ein religiöses Abzeichen begegnet.

FÜNFTES KAPITEL

DAS ALTARGRAB IN DEN RITEN DES ORIENTS

Über den Brauch, in oder unter dem Altar Reliquien beizusetzen, liegen
aus den orientalischen Riten nur spärliche Nachrichten vor, und
selbst diese wenigen Angaben beziehen sich fast ausschließlich auf den grie-
chischen Ritus. Heute scheint er in den meisten Riten außer Übung zu sein.
So verhält es sich jedenfalls im koptischen Ritus. Wohl legt man in diesem
auch jetzt noch Wert darauf, daß sich in den Kirchen Reliquien befinden, und es
ist zudem im Altar eine Kammer angebracht, in der solche geborgen werden könnten,
allein dieser Hohlraum ist offen und dient zu anderen liturgischen Zwecken1. Die
Kammer wird namentlich am Karfreitag für ein Kreuz, das auf Rosenblättern in ihr
niedergelegt wird, als heiliges Grab' benutzt, die Reliquien aber pflegen, in eine Art
von Kissen oder in ein Schreinchen eingelegt, in einem unter dem Bilde des Patrons
der Kirche angebrachten Schränkchen aufbewahrt zu werden. Es kennt darum
auch der koptische Ritus der Kirchen- und Altarweihe keine Reliquienrekondition.'

1 A. J. Butler, The ancient coptic churebes
« Bullet, ser. 4, VI (1888) 89. of Egypt II (Oxford 1884) 5.

" Vgl. auch Kd. der Provinz Sachsen, Kr. » Vgl. den Ritus bei A. von Maltzew, Bitt-,

Delitzsch (HaUe 1892) 15. Dank- und Weihe-Gottesdienste (Berlin 1897)

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