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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0668
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650 Vierter Abschnitt. Das Altargrab

chen Linnen gewickelt und dieses dann auf dem Antiminsion festgenäht oder fest-
geklebt.

Beachtung verdient, daß wie im lateinischen Ritus die Portatilien so auch im
griechischen die Antiminsien in älterer Zeit nicht mit Reliquien versehen waren.
Den Grund hiervon haben wir wie im Westen auch im Osten wohl darin zu suchen,
daß das Antiminsion nur einen Ersatz für den Altar, nicht aber für die Kirche
bildete, während umgekehrt die Beisetzung der Reliquien im Osten gerade wie im
Westen, ja wohl noch mehr als in diesem, ursprünglich nicht sowohl des Altares
als der Kirche wegen erfolgte.

Eine strenge Vorschrift, das Antiminsion mit Reliquien auszustatten,
scheint auch heute noch nicht zu bestehen. Im russisch-griechischen Ritus fehlen
sie allerdings nie in ihm, wohl aber bleibt das Antiminsion in den anderen Zweigen
des griechischen Ritus noch jetzt oft ohne Reliquien, wie ja auch die Altartafel des
syrischen und koptischen Ritus derselben entbehrt. Wenn daher auch im russisch-
griechischen Ritus die Einschüeßung von Reliquien wenigstens insoweit die Gültig-
keit der Weihe der Antiminsien bedingt, als nur solche zur Feier der Liturgie ge-
braucht werden dürfen, die Reliquien enthalten, so ist doch keineswegs allgemein
die Gültigkeit der Weihe der Antiminsien und die Zulässigkeit ihrer Verwendung
von diesem Umstände abhängig.

SECHSTES KAPITEL

URSPRUNG DES ALTARGRABES

Das Altargrab ist eine Schöpfung des 4. Jahrhunderts. Die vorkonstan-
tinische Zeit hat es noch nicht gekannt, wenn auch seine ersten Anfänge und
Keime in diese hinaufreichen werden. In bezug auf seine Urgeschichte
herrscht bei der Spärlichkeit und Beschränktheit des darüber vorliegenden
Materials noch manches Dunkel, und es ist auch wenig Aussicht, daß wir je
auf alle Fragen, die sich an dieselbe knüpfen, eine befriedigende Antwort er-
halten. Immerhin vermögen wir wenigstens den Boden festzustellen, aus
und auf dem der Brauch aufwuchs, unter oder im Altar Reliquien beizusetzen,
sowie auch die religiösen Ideen nachzuweisen, welche demselben zugrunde
liegen, ihm Dasein und Leben gaben, ihn zum liturgischen Gemeingut mach-
ten und ihn bis auf unsere Zeit in Kraft erhielten.

I. DIE MÄRTYRERME MORIEN

Der Boden, auf dem der Brauch sich bildete, ist der öffentliche alt-
christliche Märtyrerkult, d. i. die von der Gemeinde als solcher den Märtyrern
und ihren Überresten erwiesene Verehrung. Er begann, wie das Beispiel des
hl. Polycarpus zeigt1, schon in frühester Zeit und betätigte sich namentlich
in der gemeinsamen Feier der Natalitien der Märtyrer, des Jahrestages ihres
Martertodes, an welchen das eucharistische Opfer unter Beteiligung der
Gemeinde an oder in der Nähe ihres Grabes dargebracht wurde, sowie in der
öffentlichen Sorge für die Erhaltung, den Schutz und die Ehrung der Grab-
stätte der Märtyrer und der in ihr ruhenden heiligen Überbleibsel.

Inwieweit zu diesem Ende schon in vorkonstantinischer Zeit über den
Märtyrergräbern besondere, einzelnen Märtyrern geweihte Grabkapellen, Mar-

1 Martyrium s. Polycarpi c. 18, n. 1 (Funk I, 337).
 
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