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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 1): Arten, Bestandteile, Altargrab, Weihe, Symbolik — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2141#0352
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334 Zweiter Abschnitt. Das altare fixum

umgeschlagenen Blättern ornamentierter Friesan. Ebenso setzt sieh die Basis der Säulchen
an dem Fuß des Stipes als Sims fort. Im Bogenfeld der Arkaden steht am Stipes scharf-
zackiges, akanthusartiges Blattwerk; ähnliches Blattwerk, nur von etwas weicherer
Bildung, schmückt die Bogenzwickel. Das Profil der Mensa besteht aus Wulst, schmaler
Schräge, Kehle und kräftigem Stab. Der Altar zu Ste-Marguerite bei Dieppe (Seine-
Inferieure) ist wie eine Kopie des Altares von St-Germer und wohl aus derselben
■Werkstatt, um nicht zu sagen von derselben Hand wie dieser".

Ungleich einfacher als die Altäre von St-Germer und Ste-Marguerite ist der
Altar oder vielmehr die mittlere Partie des Stipes eines Altares zu St-Martin-des-
Londres. Als man ihn um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wieder auffand,
waren von den fünf Bundbogenarkaden der Front die seitlichen so verdorben, daß
man ihre Beste entfernte. Heute sind demnach nur mehr die drei mittleren Bund-
bogenarkaden vorhanden. Die Säulchen, welche die Bogen tragen, sind mit Spiralen
verziert. Basis und Kapitell fehlen. Die Überleitung vom Schaft zum Bogenansatz
und zum kleinen Sockel wird durch Abschrägungen dieser letzteren vermittelt".
Bildlichen Schmuck zeigen unter den Arkaden der ehemalige Hochaltar der alten
Kathedrale zu Marseille, der Hochaltar zu Ste-Solange (Cher) und der Hochaltar zu
Avioth (Meuse).

Der Hochaltar der alten Kathedrale zu Marseille ist an der Front des Stipes
mit vier gedrungenen kräftigen Säulchen besetzt, zwischen denen sich drei Figuren
befinden, in der mittleren Abteilung Maria mit dem Jesuskind, auf einem Throne
sitzend, in den seitlichen zwei heilige Bischöfe, stehend und dem Mittelfelde zu-
gewandt. Von den Kapitellen der vier Säulchen sind drei mit akanthusartigem
Blattwerk verziert, das vierte zeigt pseudojonische Bildung. Die an der Kehle mit
runden Knäufchen geschmückte Platte der Kapitelle geht ohne Unterbrechung von
dem einen Ende der Front bis zu dem am anderen durch, indem sie sich über den
Figuren rundbogig aufschwingt und so eine Folge von drei Bundbogenarkaden bildet.
In den Zwickeln zwischen den Bogen sind die Symbole der Evangelisten eingefügt".
Der Altar gehört dem Bildwerk und dem Ornament nach etwa der Mitte des
12. Jahrhunderts an.

Der Hochaltar zu Ste-Solange wurde zu Beginn der achtziger Jahre des letzten
Jahrhunderts unter dem Bretterwerk entdeckt, mit dem man ihn in der Zeit des
Barocks völlig ummantelt hatte. Er ist 2,60 m breit, 1,20 m tief und 1 m hoch. Die
Mensa ist 25 cm stark, so daß für die Höhe des Stipes noch 75 cm bleiben. Vorderseite
und Schmalseiten sind mit Blendarkaden ausgestattet. Die Säulchen haben einfache
Knospenkapitelle, die Basen bestehen aus zwei Wülsten, die ziemlich flachen Bogen
sind kleeblattförmig. Unter den Arkaden der Front sieht man Beliefs; unter der
mittleren thront Christus, unter den beiden seitlichen je ein Apostel, wahrschein-
lich Petrus und Paulus. Das Profil der Mensa besteht aus Platte, breiter Kehle,
Wulst und leichter Platte. Der Altar ist eine Schöpfung des 13. Jahrhunderts. Ein
Gegenstück zum Altar von Ste-Solange ist der Altar von Avioth25. Er hat an der

11 Gegenstücke im Querschiff der Kirche zu Avor bei Roh. Tfl. 69 und 81; dazu der Text l,

La Tour (Calvados) sind eine moderne Nach- 201 und 222.)

bildung des Altares von St-Germer und nicht M Leider mußte ich bei meiner Anwesenheit

eine Schöpfung des Mittelalters (Bullet, mon. in Marseille darauf verzichten, den Altar, der

XXIII (1857) 130. jetzt wieder im Hauptchor steht, nachdem er

" Etwas reicher behandelt als der Altar zu lange seinen Platz in einer Kapelle gehabt, zu
St-Martin-des-Londres war ein romanischer besichtigen, da die Kirche, die gegenwärtig
Altar zu Avor (Cher), von dem sich nur ein unbenutzt dasteht, verschlossen, wegen AD-
Fragment erhalten hat. Die Rundbogen der Wesenheit des die Aufsicht führenden staatlichen
Arkaden saßen hier auf schlanken, mit primi- Architekten aber kein Einlaß zu erlangen war-
tivem Blattkapitell versehenen Säulchen. An Ich muß mich daher an die Angaben der An-
den Ecken war der Stipes mit einem stärkeren nales archeologiques halten: XI (1859) 28, nu
Säulchen kantoniert. (Abb. des Altares von guter Abb. -,
St-Martin-des-Londres und des Fragments von " Mem. de la Soc. des Antiq. du Centre
 
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