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Braun, Joseph
Der christliche Altar in seiner geschichtlichen Entwicklung (Band 2): Die Ausstattung des Altars, Antependien, Velen, Leuchterbank, Stufen, Ciborium und Baldachin, Retabel, Reliquien- und Sakramentsaltar, Altarschranken — München, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.2049#0639

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Viertes Kapitel. Die Aufbewahrung des Allerheiligsten auf dem Altare 623

liegen schriftliche Belege nur vereinzelt vor. Daß man es so in der Kathedrale zu
Cambrai hielt, beweist der Eintrag in den Kirchenrechnungen von 1399: Pour 14
toises de corde pour pendre le ehiboire dessus lc grand autel 6 s.19. Denn vierzehn
Klafter (= 27 m) Schnur hatte man offenbar zum Aufhängen des Ciboriums nur
dann nötig, wenn dieses vom Gewölbe des Chores herabhing. Besser ist der Brauch
durch bildliche Darstellungen bezeugt. Auf den Bildwerken ist der Behälter sogar
meist nicht an einem hinter dem Altar befindlichen Ständer, sondern an der Decke
oder dem Gewölbe befestigt. Eine der interessantesten Darstellungen dieser Art
findet sich auf dem früher erwähnten, leider stark beschädigten Tafelgemälde des
CIuny-Museums, das die Weihe und Krönung Ludwigs XII. im Jahre 1498 darstellt
(Tafel 357). Der Baldachin, unter dem das Ciborium mit dem hhl. Sakrament schwebt,
ist über dem Altar mittels einer Schnur am Schlußstein des Gewölbejoches be-
festigt. Auf einer Miniatur der Konstitutionen Jakobs IL von Aragonien, die sich
heute in der Kgl. Bibliothek zu Brüssel befinden10, hängt über dem Altar im Scheitel
der Kuppel ein polygonales Tabernakel herab, aus dem unten ein mit einem Fuß
versehenes Ciborium heraustritt. Auf anderen Miniaturen derselben Bibliothek
sehen wir wie auf dem Pariser TaTclgemälde von der Decke einen Baldachin herab-
hängen, unter dem das Gefäß mit dem hhl. Sakrament angebracht ist. So z.B. auf
der früher wiedergegebenen Miniatur, auf welcher die Aufopferung des Herrn im
Tempel abgebildet ist50, sowie auf einer andern Miniatur derselben Handschrift,
welche ein Totenamt darstellt". Wie weit die Sitte, den Behälter mit dem hhl. Sakra-
ment von der Decke oder dem Gewölbe herabhängen zu lassen, verbreitet war, läßt
sich nicht feststellen. Um ihn herab- und hinaufziehen zu können, mußte natür-
lich unter oder über der Decke bzw. dem Gewölbe eine Rolle, am anderen Ende des
Strickes, an dem er hing, aber ein Gegengewicht angebracht werden, wie es hei der
gleichartigen Vorrichtung geschieht, mittels deren man die Ampel mit dem ewigen
Licht an dem Gewölbe des Chores aufhängt.

Durchaus notwendig war es, die Schnur oder die Kette, an der der Behälter mit
dem Allerheiligsten hing, in bestem Stand zu halten; andernfalls war die Gefahr ge-
geben, daß sie reiße und die Pyxis mit ihrem heiligen Inhalt herabfalle. Darum muß-
ten zu Albi, wie wir hörten, zwei eigens damit beauftragte Domherren zweimal im
Jahre die Schnur, an welcher in der dortigen Kathedrale dieselbe aufgehängt war,
auf ihre Haltbarkeit prüfen". Das Rituale von Toulon aus dem Jahre 1780 aber
schreibt vor, sie müsse alle Jahre zu Ostern völlig erneuert werden, selbst wenn es
scheine, als sei sie noch hinreichend fest und geeignet, noch mehrere Jahre ihrem
Zwecke zu dienen23.

VIERTES KAPITEL

DIE AUFBEWAHRUNG DES ALLERHEILIGSTEN
AUF DEM ALTARE. DAS ALTARTABERNAKEL

I. DAS ALTARTABERNAKEL IM MITTELALTER
1. BeweglicbeTabernakel. Daß man das hhl. Sakrament schon
un 9. Jahrhundert auch auf der Mensa des Altares aufbewahrte, erhellt, wie
früher gesagt wurde, aus der Admonitio Synodalis. Eine besondere Vor-
kehrung wurde indessen zu diesem Zwecke auf der Mensa lange Zeit nicht
getroffen. Man begnügte sich damit, den Behälter, der das Allerheiligste barg,

18 V. Gay, Glossaire I, 377. spiel aus einer Handschritt der Bibliothek des

* Ms. 9169. Vgl. oben S. 617 und Tfl. 357. Arsenals zu Paris ebend. TU. 379.

™ vgl- oben S. 618 und Tfl. 357. " Vgl. ofien S. 621.

Abb. bei Roh. V, Tfi. 378; ein gutes Bei- !* Revue II (1S5S) 498.
 
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