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Braun, Joseph
Die Reliquiare des christlichen Kultes und ihre Entwicklung — Freiburg i.Br., 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.2050#0468
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446 Dritter Abschnitt: Formale Beschaffenheit der Rdiquiare

schon in diesem geschehen sei. Auf alle Fälle kann das im i&. Jahrhun-
dert nur vereinzelt vorgekommen sein. Im ausgehenden i5. Jahrhundert
wurde es bereils sehr gebräuchlich, die Reliquien im Sockel unterzubrin-
gen, in nachmittelalterlicher Zeit aber die Regel. Was sich immer aus dem
späteren 16. Jahrhundert und der Folgezeit an Statuettenreliquiaren er-
halten hat, weist sie im Sockel auf (Bild 522), und nicht anders verhielt
es sich bei den zahlreichen, dem 16. und frühen 17. Jahrhundert entstam-
menden Reliquienstatuetten zu Andechs und in Heiligkreuz zu Augsburg,
wie die Abbildungen derselben im Chronicon Andacense und in des Octa-
vian Lader Hisioria bekunden. Eingeführt in den Sockel wurden die Reli-
quien gewöhnlich von der Seite her, doch brachte man auch wohl im
i5. Jahrhundert unter seinem Boden eine mit einem Türchen oder einem
sonstigen Verschluß versehene Öffnung an, die zum Einlegen der Reli-
quien diente, wie ■/.. B. bei dem Statuettenreläquiar des heiligen Paulus im
Dom zu Osnabrück.614

Die Gepflogenheit, die Reliquie, sei es eingeschlossen in einen kleinen
Behälter oder nur gefaßt von der Figur in der Hand halten zu lassen, geht
bis tn die erste Hälfte des i3. Jahrhunderts zurück, wie die Reliquiensta-
tuetten zu Les Bülanges und in der Eremitage zu Leningrad (Bild 5oq),
die den heiligen Stephan in Diakonengewandung mit einem Reliquien-
plenar in den Händen darstellen, und eine in Inventaren der Kathedrale zu
Cambrai von i35p, und i!\Oi aufgeführte, laut Weihinschrift i:;43 gesfif-
tete Reliquienstatuette des Täufers615 bezeugen. Um das Ende des Jahr-
hunderts vermerkt ein Inventar der Kathedrale von Terouanne von i^85
eine imago heatae Margaretae tenentis in quodam vasculo magnam partem
iuneturam digiti sui.616

Ungemein verbreitet war der Brauch im i!\.Jahrhundert. Ymago argentea...
tenens in manibus vasculurn cum cristallo rotundo in quo est dens b. Johannis Bap-
tisfae; ymago b. Nicolai... habet ante suas manus vasculurn deauratum cum cristallo,
in quo est digitus b. Nicolai inclusus in auro; ymago tota argentea de s. Eligio .. -
habens in sinislra manu vasculurn cristaliinum, in quo conlineltir de digito b. Elig",
ymago argentea, tenens in manibus vasculurn cristaliinum, in quo habetur de saneta
Juliana virgjne; ymago argentea, tenens parvam. imaginem et illa parva ymago tenet
unun) anuhnn rotundum bordatiim (IcauruUim cum crisiallo, in quo est reliqin'a
s. Cyriaci, lesen wir beispielsweise im Inventar der Kathedrale zu Cambrai von
i35cj.M' Wie aber in diesem, so verhält es sich ähnlich bezüglich der Reliquien Sta-
tuetten in anderen Inventaren des 1 6. Jahrhunderts, wie in einem Inventar von N.-Dame
zo Paris von i3&3,MS einem Inventar von St-Quenü'n von r3()a,8!9 einem Inventar
der St. Georgskapelle zu Windsor von i3Sii52<1 u.a., besonders aber bezüglich der
sechsundzwanzig Reliquien Statuetten, die im Inventar Karls V. von Frankreich von

«< Witte, Osnabrück 49. «" Dehaisnes, Doc. 397, 800. «6 Ebd. 76.

": Ebd. 397, 800. eis Revue areheol. nouv. ser. XXVII (1874), 2511.

613 Ebd. VII (1863), 66. 62° Dugdale VIII, 1360.
 
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