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Braun, Joseph
Tracht und Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst — Stuttgart: Metzler, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.52614#0414
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799

Tracht der Heiligen weltlichen Standes

800

Benediktinertracht, weil {eine Zelle der Ausgang
des {päter an ihrer Stelle errichteten Benedik-
tinerklofters war. (Vgl. Abb. 74, 91, 212, 289,
3°7> 318, 387, 422.)
Ärztetracht. Die hll. Kosmas und Da-
mianus find im n. und 12. Jh., wie beifpiels-
weife auf dem Buchdeckel der Äbtiffin Theo-
phano von etwa 1040 im Effener Münfterfchatz
und am Epiphaniusfchrein aus dem Ende des
12. Jh. im Dom zu Hildesheim, in engen Bein-
kleidern und vorn offenem, vor der Bruft mit
Spange gefchloffenem Mantel dargeftellt, im fpä-
ten Mittelalter dagegen in der damaligen Ärzte-
tracht, langem, gegürtetem Talar als Unterge-
wand, Mantel oder weitärmeliger, mit Kragen
verfehener Schaube oder, jedoch feiten, ärmel-
lofem Überrock als Obergewand und barett-
artiger Kopfbedeckung, wozu auf einem Tafel-
gemälde im Dom zu Erfurt auch noch die Dok-
torenfchärpe kommt. Der hl. Pantaleon ift auf
einer Miniatur eines Evangeliars aus dem 12. Jh.
aus St. Pantaleon zu Köln im Stadtarchiv da-
felbft in langer Untertunika, kürzerer Ober-
tunika, Mantel und halbkugeliger Mütze abge-
bildet, auf Bildwerken aus dem fpäten Mittel-
alter in der Tracht von Leuten befieren Stan-
des, Beinkleidern, kurzem Rock, Mantel oder
Schaube und Barett, das jedoch fehlt, wenn der
Heilige als Märtyrer, die Hände auf den Kopf
genagelt, wiedergegeben ift. (Vgl. Abb. 9 u.234.)
Hirten-, Bauern-, Handwerker- und
Spielmannstracht
Gute Beifpiele der Hirtentracht und des Wan-
dels, der fich mit ihr vollzog, bieten die über-
aus zahlreichen Darftellungen des hl. Wendeli-
nus. Freilich auch nur diefe, denn der auch wohl
als Schäfer wiedergegebene hl. Zacharias, der
Vater des hl. Johannes d. T., wird nicht durch
die Tracht, fondern durch die Attribute als fol-
cher gekennzeichnet. Die Bilder des hl. Wende-
linus aus der erften Blütezeit feines Kultes, dem
15. und frühen 16. Jh., ftellen ihn in einer der
Pilgertracht gleichartigen Tracht dar, in Schu-
hen, Beinkleidern, halblangem, gegürtetem Rock,
Mantel mit Schulterkragen oder Kapuze und
Hut mit nur vorn oder ringsum aufgerichteter
Krempe. In der zweiten Blütezeit des Kultes,
von 1700—1780, erfcheint er auf den Bildwer-
ken in modifcher Barocktracht, Schuhen, Gama-
fchcn, Kniehofen, Taillenrock mit Schößen und
breitkrempigem Hut. Einen Mantel trägt der
Heilige nun nur ausnahmsweife, etwas häufiger
einen Überwurf. In der Zeit des Rokoko wird
er gern als eleganter Rokokofchäfer in Rokoko-
fchäfertracht dargeftellt. (Gute Beifpiele beider
Trachten bei Setzer, Taf. 17—33. — Vgl. auch
Abb. 411, 412, 413.)
In Bauerntracht ift in der deutfchen
Kunft nur der hl. Ifidor von Madrid dargeftellt.
Da alle feine Darftellungen erft aus der Zeit

des fpäten Barock datieren, ift es die damals
übliche Bauerntracht, die dem Heiligen eignet
und in Schuhen, Knieftrümpfen oder Gama-
fchen, Kniehofen, Taillenrock oder kurzer Jacke,
die oft vorn ganz oder teilweife geöffnet find
und das Hemd fichtbar fein lallen, und, doch
nur vereinzelt, Hut oder Mütze befteht. Stets
erfcheint der Heilige ohne Mantel oder ein fon-
ftiges Obergewand. Wie die Darftellungen des
hl. Wendelinus aus dem 18. Jh., find auch die
des hl. Ifidor ausgefprochen Barockfchöpfungen.
Bildwerke aus mittelalterlicher Zeit, die einen
Heiligen in Bauerntracht darftellen, gibt es in
der deutfchen Kunft nicht. (Vgl. Abb. 206.)
Ein Beifpiel eines in Handwerkertracht
dargeftellten Heiligen bietet eine Hochaltar-
figur in der Eligiuskapelle zu Kreßbronn (Inv.
Württemberg, Kr. Tettnang, S. 101, Taf. 22).
Sie zeigt den hl. E 1 i g i u s, den Patron der Ka-
pelle, als Huffchmied in Schuhen, enganfchlie-
ßenden Knieftrümpfen, Kniehofen, Hemd mit
aufgerollten Ärmeln und großem Lederfchurz,
an dem Arbeitsgerät hängt. Die Statue ent-
flammt der Zeit um 1750, alfo dem Spätbarock.
Krifpinus und Krifpinianus find in
einem aus Schwyz flammenden Retabel von
etwa 1650 in der Dreifaltigkeitskirche zu Kon-
ftanz in Handwerkertracht abgebildet, die vier
hll. Steinmetzen Klaudius, Nikoftra-
tus, Sempronianus und Kaftorius,
die fogen. „Vier Gekrönten“, und ihr Gehilfe,
der hl. S i m p 1 i c i u s, auf dem Grabflein des
Steinmetzmeifters Denk aus dem Jahre 1513
zu Steyr (Abb. 217). Nur durch feine Attri-
bute, nicht durch die Tracht ift der hl. Jofeph
als Handwerker gekennzeichnet bei einer Statue
vomE. 15. Jh. in der Marienkapelle des Domes
zu Köln (Inv. Rheinprovinz VI, 3, 1, 3, S. 249),
bei einer Altarfigur zu Arbesbach von 1778 (Inv.
Österreich 8, S. 212) fowie einer Altarfigur von
etwa 1500 zu Dottighofen bei Biengen (Inv.
Baden VI, 409), und fo verhält es fich auch mit
der Figur des hl. Kaftorius, eines der „Vier
Gekrönten”, in einem Retabel von 1620 in der
Kirche zu Tegernfee (Hoffmann, Altarbaukunft,
Nr. in). (Vgl. Abb. 217, 218, 235, 236, 237.)
In vornehmer Spielmannstracht, die
Viola fpielend, ift der hl. Arnold auf einem Tafel-
gemälde von etwa 1530 in St. Kunibert zu Köln
dargeftellt. Er erfcheint dort in Holzfandalen,
fogen. Trippen, und Schnabelfchuhen, engen,
glatt anliegenden Beinkleidern, kurzem, gegür-
tetem, modifchem Rock, fkapulierartigem, noch
kürzerem Überwurf und Barett (Abb. 44).
Jungfrauen
Heilige Jungfrauen, die nicht einem Orden
angehörten und darum nicht in Ordenstracht
dargeftellt wurden, erfcheinen, gleichviel ob
Märtyrerinnen oder Nichtmärtyrerinnen, bis in
das 15. Jh. hinein in langem, bis zu den Füßen
 
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