Erasmus
228
106. Erasmus.
Kaufbeuren, Blafiuskapelle, A. 15. Jh.
difchen Mufeum zu Upfala, die ihn als Ganz-
figur in einem Kelfel flehend wiedergibt (Cur-
man-Roosval 16). Die Mitra, die er auf allen
drei Darftellungen auf dem Kopfe trägt, be-
kundet, daß es fich bei dem wiedergegebenen
Märtyrer nicht um den hl. Vitus handeln kann.
Das dritte Attribut geht zurück auf eines
der Martyrien, die der Heilige bereits zufolge
feiner älteren Legende erlitt (Gräfle 893). Die
beiden andern entfprechen zwar ebenfalls Mar-
tyrien, doch finden fie fich noch nicht in der
älteren Fällung der Legende. Immerhin war
das Pfriemenmartyrium, wie aus den Reliefs
des ehern, marmornen Oflerleuchters zu Gaeta
hervorgeht, fchon zu Ende des 13. Jh., der Ent-
ftehungszeit des Leuchters, bekannt, aber noch
nicht, wie es fcheint, das Windenmartyrium,
das erft im 14. Jh. feine Aufnahme in die Le-
gende erhielt, jedenfalls aber bereits um 1400
in fie eingefügt war. Was die Legende infolge
der Bereicherung, die fie bis zum 15. Jh. er-
fuhr, an Martyrien des hl. E. über die ältere
Faffung hinaus enthielt, erhellt aus den neun-
zehn bereits erwähnten Tafelgemälden im Dom
zu Gaeta. Es waren das Glockenmartyrium,
Liegen auf glühenden Kohlen, das Vierpferde-
martyrium, fowie namentlich das Pfriemen-
martyrium und das Windenmartyrium, die
durch die ihnen entnommenen Attribute des
Heiligen eine befondere Bedeutung erlangten.
In der deutfchen Kunft läßt fich keines der
drei Attribute vor dem frühen 15. Jh. nach-
weifen. Die früheften Beifpiele des Pfriemen-
attributes, die mir bekannt geworden find, bie-
ten der Holzfchnitt in der Parifer Nat.Bibl.
von etwa 1420 und das etwa der gleichen Zeit
angehörende Tafelgemälde im Dom zu Erfurt;
das frühefte Beifpiel des Windenattributes eine
Statue von etwa 1430 zu Heining (Inv. Nieder-
bayern, Bd. 4, Fig. 90, S. 118), das frühefte des
Keileiattributes das Retabel aus Neuftadt von
1435 im Mufeum zu Schwerin.
Das Windenattribut wurde als Umbildung
einer Schiffswinde gedeutet, die der Heilige,
da er Patron der Seeleute ift, urfprünglich als
kennzeichnendes Attribut gehabt haben foll.
In den Binnenländern, wo man diefes Inftru-
ment nicht kannte, habe man geglaubt, E.
habe das Marterwerkzeug, durch das er den
Tod fand, in den Händen, in dem aufgewickel-
ten Tau aber habe man feine Eingeweide ge-
fehen, die ihm mit einer Winde aus dem Leibe
107. Erentrudis.
Salzburg, Stift Nonnberg, Beichtvaterftöckel,
Holzftatue, E. 14. Jh.
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106. Erasmus.
Kaufbeuren, Blafiuskapelle, A. 15. Jh.
difchen Mufeum zu Upfala, die ihn als Ganz-
figur in einem Kelfel flehend wiedergibt (Cur-
man-Roosval 16). Die Mitra, die er auf allen
drei Darftellungen auf dem Kopfe trägt, be-
kundet, daß es fich bei dem wiedergegebenen
Märtyrer nicht um den hl. Vitus handeln kann.
Das dritte Attribut geht zurück auf eines
der Martyrien, die der Heilige bereits zufolge
feiner älteren Legende erlitt (Gräfle 893). Die
beiden andern entfprechen zwar ebenfalls Mar-
tyrien, doch finden fie fich noch nicht in der
älteren Fällung der Legende. Immerhin war
das Pfriemenmartyrium, wie aus den Reliefs
des ehern, marmornen Oflerleuchters zu Gaeta
hervorgeht, fchon zu Ende des 13. Jh., der Ent-
ftehungszeit des Leuchters, bekannt, aber noch
nicht, wie es fcheint, das Windenmartyrium,
das erft im 14. Jh. feine Aufnahme in die Le-
gende erhielt, jedenfalls aber bereits um 1400
in fie eingefügt war. Was die Legende infolge
der Bereicherung, die fie bis zum 15. Jh. er-
fuhr, an Martyrien des hl. E. über die ältere
Faffung hinaus enthielt, erhellt aus den neun-
zehn bereits erwähnten Tafelgemälden im Dom
zu Gaeta. Es waren das Glockenmartyrium,
Liegen auf glühenden Kohlen, das Vierpferde-
martyrium, fowie namentlich das Pfriemen-
martyrium und das Windenmartyrium, die
durch die ihnen entnommenen Attribute des
Heiligen eine befondere Bedeutung erlangten.
In der deutfchen Kunft läßt fich keines der
drei Attribute vor dem frühen 15. Jh. nach-
weifen. Die früheften Beifpiele des Pfriemen-
attributes, die mir bekannt geworden find, bie-
ten der Holzfchnitt in der Parifer Nat.Bibl.
von etwa 1420 und das etwa der gleichen Zeit
angehörende Tafelgemälde im Dom zu Erfurt;
das frühefte Beifpiel des Windenattributes eine
Statue von etwa 1430 zu Heining (Inv. Nieder-
bayern, Bd. 4, Fig. 90, S. 118), das frühefte des
Keileiattributes das Retabel aus Neuftadt von
1435 im Mufeum zu Schwerin.
Das Windenattribut wurde als Umbildung
einer Schiffswinde gedeutet, die der Heilige,
da er Patron der Seeleute ift, urfprünglich als
kennzeichnendes Attribut gehabt haben foll.
In den Binnenländern, wo man diefes Inftru-
ment nicht kannte, habe man geglaubt, E.
habe das Marterwerkzeug, durch das er den
Tod fand, in den Händen, in dem aufgewickel-
ten Tau aber habe man feine Eingeweide ge-
fehen, die ihm mit einer Winde aus dem Leibe
107. Erentrudis.
Salzburg, Stift Nonnberg, Beichtvaterftöckel,
Holzftatue, E. 14. Jh.