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Braus, Hermann
Anatomie des Menschen: ein Lehrbuch für Studierende und Ärzte (Band 2): Eingeweide (Einschliesslich periphere Leitungsbahnen, I. Teil) — Berlin, Heidelberg, 1924

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https://doi.org/10.11588/diglit.15150#0382
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Nierenbecken mit Kelchen.

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einigen und als Einzelkanälchen verschwinden, entstehen die kleinen Nieren-
kelche, Galyces minores, der definitiven Niere (Abb. 196e). Die Sarnmel-
röhrchen IV. (oder V.) Ordnung münden in diese Kelche zu vielen ein, wie wir
es von der menschlichen Niere kennen (Abb. 195). Man nennt die Einmün-
dungssteile Area cribrosa. die einzelnen einmündenden Röhrchen Ductus
papilläres, die einzelnen Öffnungen Pori uriniferi. Von dem Calyx minor
fließt der Harn in diesem Fall in die noch erhaltenen Kanäle I. und II. Ord-
nung und von dort in den Ureter. Die stark erweiterten Kanäle heißen große
Kelche, Öalyces majores. Das gesamte Nierenbecken, Pelvis renis,
besteht aus den Calyces majores und minores. Es hat in dem geschilderten
Fall dendritischen Typus (Abb. 198b, 183).

Derselbe Prozeß wie in Abb. 196a—c kann sich aber auch an den Sammel-
röhrchen I. bis II. Ordnung abspielen. Im Nierenbecken eines menschlichen
Embryo in Abb. 197 ist
z. B. die Vereinigung der
Kanälchen I. Ordnung be
reits sehr früh durchge-
führt. In anderen Fällen
entsteht er später. Wer-
den alle Verästelungen in
der Zone A—B reduziert
(Abb. 196d, 197), so ent-
steht der sog. ampulläre
Typus des Nierenbeckens,
d. h. der Ureter erweitert
sich zu einem einheitlichen
platten Sack, welchem
die einzelnen Calyces mino-
res unmittelbar aufsitzen
(Abb. 196 f, 198 c, 199).
Je nachdem der Reduk-
tionsprozeß im einen Teil
der Niere umfänglicher
ausfällt als im anderen,
kommen Kombinationen
des ampullären und den-
dritischen Typus zustande.
Die Form des mensch-
lichen Nierenbeckens ist deshalb sehr wechselnd.

Die Sammelröhrchen I. Ordnung entstehen in der Regel zu 4, und zwar je eines
an den Polen und 2 im Zentrum der Nachnierenknospe. In Abb. 196 sind nur 2 ge-
zeichnet, weil immer nur 2 in der gleichen Ebene angetroffen werden. Im Maximum
kommen 6 Kanälchen I. Ordnung vor, im Minimum 3. Auch die folgenden Teilungen
sind gewöhnlich nicht 2fach. Da die Teilung des einen Teüastes schneller fortschreitet
als bei dem Nachbar, so findet man tatsächlich an einer Teilungsstelle gewöhnlich
3 Sammelröhrchen. In eine Sammelröhre II. Ordnung münden also 3 Sammelröhren
III. Ordnung, 9 Sammelröhren IV. Ordnung und 27 Sammelröhren V. Ordnung.
Indem die Sammelröhren III. und IV. Ordnung durch den beschriebenen Reduk-
tionsprozeß verschmelzen, münden die 27 Röhrchen V. Ordnung unmittelbar in
die Calyces minores und dadurch in das Nierenbecken (Röhrchen II. Ordnung).
Man findet in der reifen Niere auf der Area cribrosa 20—30 Pori uriniferi, also eine
Zahl, welche der berechneten entspricht. Die Schwankungen beruhen auf unvoll-
ständigen Verschmelzungen der Kanälchen und auch auf Verschmelzungen zweier
oder mehrerer Papillen miteinander (Abb. 195).

Die 8—9 kleinen Kelche, Calyces minores, sind ca. 1 cm lang; sie sind so u^cfp^111eei°
eng, daß der Untersucher auch mit der Kuppe des kleinen Fingers nicht in sie Kelche

Abb. 197. Sammelröhrchen und Harnkanälchen eines
menschlichen Embryo von ca. 9 Wochen (30 mm Scheitelsteiß-
länge). Die gestrichelten Linien A, B, C grenzen wie in Abb. 196d
die Reduktionszonen gegeneinander ab. I—VI Sammelröhrchen
I.—VI. Ordnung, wie in Abb. 196 d getönt . Die Astwinkel zwischen
den Kanälchen I. Ordnung sind bereits ausgeglichen (die ursprüng-
liche Form gestrichelt). Endgültige Sammelröhrchen weiß. Harn-
kanälchen und Malpighis schwarz (die vorhandenen gehen später
zugrunde, die neu entstehenden an den Sammelröhrchen VI. Ordnung
— hier als erste Anlagen zum Teil sichtbar — liefern die endgültigen
Konvotute). Aus Kampmeier, Arch. f. Anat. u. Physiol. S. 217.1919.
Töne von mir eingetragen.
 
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