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als den einer der Geschichte angehörenden Erörterung. Ge-
blieben aber und gegenwärtig als Sebensmacht ist der Geist
der Religion, deren Begriffe sie "übersetzt" und umgedeu-
tet haben. Im Besonderen aber mus^dann betont werden, dass
ein Schleiermacher keineswegs im Sinn Langes den "idealen
Gehalt der,Religion" vertreten hat. Denn der Mann, der
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reinen wahren Strom kirchlicher Erneuerung hervorgerufen
hat", schrieb ja einmal eine Glaubenslehre, und zwar eine
christliche. Was er da beschrieben und begründet hat, war
gewiss nicht das allgemein religiöse Bewusstsein überhaupt,
sondern ein ganz bestimmtes. Schleiermacher kann sonach
nicht für einen religiösen Formalismus in Anspruch genom-
men werden, welcher der Meinung ist, dass dieselben Gemüts-
prozesse auch unter Anhängern gänzlich fremder Religionen
und zwar mit demselben Erfolg und derselben Bewährung sich
wiederfinden. Ganz abgesehen davon, dass der Schleier—
machersche Religionsbegriff den Gottesbegriff in sich
schliesst , und dass sein Begriff von der religiösen
Erfahrung nichts zu tun hat mit der Lang-eschen Produktion
2)
von Ideen oder Hirngespinsten
Die geschichtlichen Stützen, deren Lange sich be-
dient, reichen also nicht aus, um seiner Theorie Wahrheits
-und Beweiskraft zu verleihen. Nicht anders verhält es
sich mit der Prononierung des Wertes vor die Sicherheit
und Wahrheit in der Religion. Denn auf die Behauptung,
dass die geschichtlich nachweisbare Ueberordnung der
"religiösen Wahrheiten über jede andere Erkenntnis" auf
der grosseren Wertschätzung jener Wahrheiten und nicht auf
1) .Vgl.Schleiermacher,Der christliche Glaube,§ 4,wo Gott
das im religiösen Selbstbewusstsein mitgesetzte Woher
unseres empfänglichen und selbsttätigen Daseins ist.
2) .Ausserdem ist es gerade Schleiermacher, der schon in
seiner ersten Rede über die Religion die Selbständig**
keit des Religiösen betont hat und der sich jedenfalls
gegen jede Gleichstellung der Religion mit Kunst und
Philosophie,auch im Langeschen Sinne, gewehrt hätte.