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Brentano, Clemens
Gockel, Hinkel und Gakeleja: Mährchen — Frankfurt, 1838

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https://doi.org/10.11588/diglit.24104#0317
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sich nur, allein mit mir Zu seyn, und die Schwestern such-
ten das zu veranlassen. Sie warfen sich in ihrer Bleichhütte
auf die Kniee und beteten. Ich aber suchte der unweisen
Klarem auszuweichen, wo es angieng, bis sie endlich doch
geheilt mir große Geheimnisse in dieser Nacht offenbarte,
die mich reichlich belohnten. — Den Hergang schreibe ich
nun hier nieder.
Ich saß mit der unweisen Klareta an dem Feuerchen,
wir assen Brod und Früchte. Sie schüttete mir aber eine
Anzahl Haselnüsse in den Schoos, Jürgo, der kranke Weber
aus Vadutz hatte ihr sie mitgegeben, und sie nahm schüch-
tern eine der Nüsse und fragte demüthig, darf ich dem Seel-
chen die Nüsse aufbeißen? Mir grauste aber vor den Nüssen;
ich gab sie ihr zurück mit den Worten: „Klareta, ich esse
keine Nüsse;" da war sie gar traurig, brach das Brod mit
mir und drückte es ans Herz und aß nicht viel. — Wie wir
so stille ins Feuer schauten, hörten wir fernen Schallmeien-
klang sich nahen. Es waren die Hirten. Sie hatten nach
Landes Sitte, weil der Täufer gesagt: „Siehe das Lamm
Gottes!" am Vorabend seines Festes ihre Schafe gewaschen,
und nachdem sie sie eingetrieben, zogen sie mit brennenden
Kienfackeln, Pfeifen und Schallmeien um den Zaun der
Bleiche zu des Täufers Kapelle oben vor dem Wald, wo
der Bach entspringet. — Die rothen Fackellichter lockten
mich, die Schallmeiklänge bewegten in der Nacht mein Herz
gar gewaltig. Bald eilte ich an den Zaun, bald kehrte ich
zu Klareta zurück, die mir immer traurig uachschlich; und
als ich sprach: „warum üben nur Fackeln und Schallmeien
in der Nacht so schmerzliche Gewalt über mein Herz?"
blickte mich Klareta mit tiefen Augen an und sagte wunder-
liche Reime, die sie auch nachher noch wußte, und als sie
geheilt war, mir aufschrieb:
„Wenn der lahme Weber träumt, er webe,
Träumt die kranke Lerche auch, sie schwebe,
 
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