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Bröndsted, Peter Oluf
Reisen und Untersuchungen in Griechenland: nebst der Darstellung und Erklärung vieler neu entdeckter Denkmäler griechischen Styls, und einer kritischen Übersicht aller Unternehmingen dieser Art, von Pausanias bis auf unsere Zeit (Band 1) — Paris, 1826

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https://doi.org/10.11588/diglit.680#0172
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n4

ERKLÄRUNG DER RUPFER.

« Tete de femme voilee et couronnee d'epis,
a. g. [R]. AM^IKTIO. Apollon couronne de lau-
rier, et en habil dejemme, assis sur la cortine,
tourne vers la gauche, le coude droit pose sur
une Ijre, et tenant dans la main gauche une
branche de laurier; dans le champ, un trepied. »

Ich kann dieser Erklärung nicht beipflichten;
erstens weil die Form der Brust und der ganze
Umriss der sitzenden Gestalt eine weibliche Figur
anzudeuten scheint. Dieses gilt eben so sehr von
dem Exemplar im Pariser Rabinet, welches ich
sehr genau betrachtet habe, als von dem meini-
gen ; zweitens weil die Bekleidung der Figur ein
gewöhnliches Weibergewand ist, nicht die weite
und lose Stola (ö ytTtav öpöoffTa&ia; oder to 6080-
<jTao\ov' , womit Apollo vates oder citharoeda
gewöhnlich auf griechischen Monumenten er-
scheint'4; drittens weil ein auf dem Dreifusse oder
auf der so genannten cortina sitzender Apollon
gewöhnlich nackt ist'5; endlich weil die runde
Erhöhung, auf welcher die Prophetin sitzt, nicht
die cortina zu seyn scheint, (welche man über-
haupt gar zu oft auf Münzen sucht'6),sondern ent-

i3 Cf. Pollux VII, 48; Dio Cassius LXIII, 17 und 22.

14 Man sehe (um nur vorzügliche und allgemein bekannte
Werke anzuführen) das berühmte Standbild des Apollon Mu-
sagetes in der Sammlung der Musen (Museo Pio-Clement.
Tom. I.Tab. XVI); den bekleideten Apollon am Basrelief, wel-
ches Homer's Vergötterung vorstellt, bei 5<-A<>tt und Cuper, auch
imMuseoPio-CIement. Tom. I, Tab. B. (fig. u);den beklei-
deten Apollon am schonen Basrelief in der Villa Albani (Zoega
Bassirilievi antichi etc. H,Tav. XCIX) wo ich in den drei Figu-
ren vor dem Altar und der Nike, Apollon selbst, Artemis und
beider Mutter sehe;—oder, um lieber aus;l/nn«n Beispiele zu
wählen, unsere delphische Münze N° II; die von Millingen
herausgegebenen (in seiner guten kleinen Schrift Recueil de
quelques Medailtes grecqucs ined. pag. 41 , N° 1 u. 2 : Tab. II,
Fig. 10 u. 11); die delphische Münze im Museum Sandern.
Num. sei. Tom. I, pag. 179. u. s. w.

i5 So wenigstens auf allen mir bis jetzt bekannten autonomen
griechischen Münzen , mit dieser Vorstellung, z. B. auf
Silbermünzen von Chersonesus Creta (Mionnet, II, p. 264,
N° 46—49) j auf Kupfermünzen von Eleuthemce Cretce (Eckhel,
D. N. V. II, p. 3i2; Mionnet II, p. 276, N» 148 u. flg.);
ebenfalls auf den schonen Silbermünzen des mit Ptolomaeus
Lagi gleichzeitigen Nikokles, Tyranns von Paphos auf Cy-
pern (Eckhel, D. N. V. III, p. 87), und auf einer grossen
Menge Syrischer Silbermünzen der Seleuciden, Antiochus des
ersten und seiner Nachfolger.

16 Vielleicht haben Eckhel's Bemerkungen (D. N. V. I
p. 134 — ij5), die zum Theil, aber nicht vollkommen rich-

weder ein Felsen, oder das delphische Bild des
Erdnabels, öj/ipotXo; TSTaivtwjjLsvo? (Strab. IX>
420) öjAipaXö?, Xi8ou TrerotTiaevo; Xsuxou (Pausan. X,
c. 16, § 2), dem sich wahrscheinlich die Umzäu-
nung , das Geländer '7 des Adyton anschloss, hinter
welchem der grosse Dreifuss stand, den die Pythia
beim Wahrsagen bestieg18. Nicht aw/'dem Drei-
fusse, sondern etwa am Fussgestelle desselben, auf
einem Felsen, oder auf dem delphischen Erdna-
bel, hat der Künstler, der diese Münze entwarf,
sich die Pythia gedacht; sie ist ja in Buhe; ernst
aber gelassen lehnt sie den gebogenen rechten Arm
an; sie wahrsaget nicht. Virgil hat eine, von der
Gottheit ergriffene, wahrsagende Pythia ganz an-
ders geschildert. (jEneid. 1. VI, v. 46 sq. und
v. 77 sq.)

Auch der äussere Umriss des delphischen aäu-
tov (wo das Orakel war), erscheint zuweilen auf
Denkmälern, wo das Lokal Delphi's und des Ora-
kels angedeutet werden soll. So z. B. auf dem eben
erwähnten Basrelief (Homers Apotheose). Es be-
finden sich dort Apollo vates oder citharoeda, mit
seinen Attributen, und die ihm eine Schale dar-
reichende Nymphe Kassotis "9 innerhalb eines ei-

tig sind, dieses veranlasst. (Siehe die folgende Anmerk. 17.)

17 ©piYxö;, Euripid. Ion. i3a 1, oderxpniri; , Eurip. Androm.
v. 1113. Ich sehe das Bild des Omphalos, oder doch das ihn
umgebende Gitter an vielen Denkmälern der Kunst, wo man
bis jetzt die Cortina (den Deckel des Dreifusses) zu sehen glaubte;
so z. B. sehr deutlich an der merkwürdigen, von Miliin (Mo-
numents antiques inedits l,Taf. XXIX, pag. 263.) herausge-
gebenen Vase, welche Orestes Aussühnung vorstellt; auf vie-
len Kupfermünzen von Neapolis Campaniae; auf eben erwähn-
ten Silbermünzen der Syrischen Könige (der Seleuciden). Wer
an diesen und ähnlichen Denkmälern die grosse, eiförmige,
gewölbte Erhöhung, von welcher ^die Rede ist, für die Cor~
tina ansieht, kann gar keinen haltbaren, oder nur wahrschein-
lichen Grund angeben, warum selbige bald wie durchlöchert,
bald gestreift, am häufigsten aber wie ein Netz in Vierecke ge-
tlieilt (reticulata) erscheint. Au anderen Denkmälern, wo be-
stimmt die Cortina abgebildet wurde, wie z. B. am Basrelief,
dasHomer'sApotheosevorstellt(bei&Aorf, Cuper und Fisconti);
am Basrelief bei Paciaudi, Monument. Pelopon. I, p. 114 (Apol-
Ion's und Herakles Streit um den Dreifuss); am Dresdener Kan-
delaber (Behker's Augusteum Taf. V), wo einer der Füsse den
nämlichen Gegenstand vorstellt; an diesen und anderen Denk-
mälern , wo wir in der That den Deckel des Dreifusses sehen,
erscheint ja dieser gar nicht reticulatus.Wir werden auf diesen
Gegenstand zurückkommen müssen (s. unten Seite 120-121).

18 Strabon 1. c. (IX, p. 419)-

■9 Denn ich erkläre die weibliche Figur lieber von dieser
 
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