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Brunn, Heinrich von
Geschichte der griechischen Künstler (Band 2): Die Maler. Die Architekten. Die Toreuten. Die Münzstempelschneider. Die Gemmenschneider. Die Vasenmaler — Stuttgart, 1889

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https://doi.org/10.11588/diglit.4969#0132

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122

Die Maler.

verwandten Künstler in bestimmterer Weise gegenüberzustellen. Wir haben in
der Kunstrichtung der Parrhasios auf ein starkes Vorwiegen des psychologischen
Elementes hinweisen müssen; und allerdings tritt in den Werken dieses Künst-
lers häufig das Streben zu Tage, Stimmungen und Erregungen des Gefühls und
Gemüthes in feiner Weise künstlerisch wiederzugeben. Allein indem er dabei
von der sorgfältigen Beobachtung des Einzelnen ausging und allerdings auch
diese einzelnen Züge mit der grössten Meisterschaft zu vergegenwärtigen ver-
stand, mochte der Beschauer wohl die Schärfe seiner Auffassung, die Feinheit
der Charakterisirung bewundern: aber diese Bewunderung betraf doch zunächst
nur die dargelegte künstlerische Erkenntniss und konnte daher immerhin, das
Gefühl des Beschauers ziemlich unberührt lassen. Dem letzteren wird erst da
der Hauptantheil zufallen, wo auch der Künstler das Gefühls- und Gemüths-
leben in seinen innersten Tiefen und in seiner Totalität erfasst und als ein
solches in seinen Werken zur Anschauung bringt. Erkennen wir aber an, dass
in dieser Richtung das Verdienst des Aristides zu suchen ist, so dürfen wir
* 181 nun auch die Richtigkeit des sonst zuweilen in sehr lockerer Bedeutung ge-
brauchten Ausdruckes bei Plinius zugeben, dass Aristides zuerst es gewesen,
der dieses Feld der Darstellung für die Kunst eröffnet habe.

Wenn wir uns jetzt von Aristides zu seinen Schülern wenden, so werden
wir von vorn herein nicht erwarten dürfen, seine Eigenthümlichkeit ganz oder
auch nur zum grössten Theile in ihnen wiederzufinden. Denn da dieselbe auf
einer besonderen, rein persönlichen Gemüths- und Seelenstimmung beruhte, so
lässt sie sich allerdings nicht als eine bestimmte Lehre andern mittheilen.
Nichtsdestoweniger vermögen wir seinen Einfluss selbst in scheinbar der seinigen
ganz widersprechenden Entwickelungen bestimmt nachzuweisen, und zwar merk-
würdiger Weise in ganz ähnlicher Richtung, wie er sich bei den Zeitgenossen
und Nachfolgern des von uns mit Aristides verglichenen Künstlers, des Fiesole,
vielfältig1 bekundet hat.

Da wir von Ant[ en]orides, Nikeros und Ariston nichts wissen,
als dass der Letztere einen Satyr mit dem Becher gemalt hatte1), so knüpfen
sich unsere Untersuchungen zunächst nur an einen einzigen, aber dafür um so
bedeutenderen Künstler:

Euphranor.

Wir haben dem Euphranor bereits unter den Bildhauern eine hervor-
ragende Stelle einräumen müssen2), aber es bis hierher verschoben, seinen
künstlerischen Charakter ausführlicher zu entwickeln. Wie dort, heginnen wir
hier mit dem Satze, dass das Alterthum ihn als einen der vielseitigsten, und
dabei doch auch im Einzelnen ausgezeichnetsten Künstler bewunderte, so dass
Lucian ihn einer Seits mit Phidias, Alkamenes, Myron, anderer Seits mit Apelles,
Parrhasios, Aetion zusammenzustellen keinen Anstand nimmt Ausführlicher sagt
Plinius, wo er von ihm als Maler spricht1): ,,er bildete auch Kolosse und Marmor-
werke und cisellii te Becher, gelehrig und thätig vor allen, in jeder Art ausgezeichnet

') Hin. 35, III. '-') I, 314—318. 8) Jupp. trag. 7; de mercede cond. 42; vgl. La-
ctantius Div. Inst. H, 4, wo er mit Polyklct und Phidias zusammen genannt wird. 4) 35, 128.
 
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