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Buchner, Ernst [Editor]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0140

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zogenen, ans Monotone herangehenden Konturen
der Gestalten, in den stillen, geschlossenen Sil-
houetten der Figurengruppen, in den rundlich ge-
wellten Säumen der Gewänder lebt ein spezifisch
schwäbischer Formgeist.
Der Meister haut seine Bilder aus sorgfältig stu-
dierten Einzelheiten zusammen. Seiner Darstel-
lungsweise eignet etwas Bedächtiges, gleichmäßig
Einläßliches , eine gewisse Trockenheit, die jedoch
nicht reizlos wirkt. Die Zeichnung ist sauber und
bestimmt, die kunstgewerblichen Schmuckstücke
der Gewänder und die Einzelheiten der Landschaf-
ten sind mit miniaturmäßiger Delikatesse behan-
delt*), und das Laub ist in der für den Apt-Kreis
charakteristischen Weise in feinen Punkten auf-
getüpfelt. Bei den Heiligen des Universitätsaltars
lallt die übertrieben harte, geradezu an Holzskulp-
turen gemahnende Modellierung der Gewandfal-
ten auf. Hier macht sich noch der Zusammenhang
mit der spätgotischen Tradition fühlbar. In den
späteren Werken kommen solche Herbheiten nicht
mehr vor.
Für den Christoph auf dem Außenllügel des Uni-
versitätsaltars (Abb. 93) hat eine Gestalt aus einem
Stich Mantegnas (B. 19) als Vorlage gedient, und
unter dem befruchtenden Einfluß italienischer
Kunst ist dann auch die .,Beweinung" (Abb. 84),
das reifste der noch erhaltenen Figurenbilder, ent-
standen. Man muß sich das im Darstellungstyp ver-
wandte Bild des älteren Apt (Abb. 83) vergegenwär-
tigen, um die Fortschrittlichkeit des jüngeren Mei-
sters ganz zu ermessen. Doch auch der Abstand von
der Casseler ,,Verklärung" ist beträchtlich. Dort
wirkt der ganzeBildhau trotz der strengen Symme-
trie noch lax, hier hat die Komposition eine orga-
nische Geschlossenheit und Rhythmik, wie sie nur
aus einer klaren Erkenntnis des Wesentlichen ita-
lienischer Renaissancekunst gewonnen werden
konnten. Auch das peinlich Modellmäßige, äußer-
lich Posierende der Gestalten ist in der ,,Bewei-
i) Für das Pedum des hl. Narzissus ist ein Stich Martin Schongauers
(B. ]06, Lehrs 105) ais Vorlage benützt worden.

nung" überwunden. Der Meister vermag jetzt tie-
feren Ausdruck zu gehen; die Gestalt des klagen-
den Johannes hat er mit einem wahrhaft edlen
Pathos durchdrungen.
Die ,/Beweinung" ist schwerlich vor 1525 entstan-
den. Für diese Annahme spricht eine in Schleiß-
heim bewahrte Darstellung der ,,Lucrecia Romana"
aus dem Jahre 1523 (Abb. 95), die mit ihren noch
wesentlich schärfer und plastischer durchgebilde-
ten Formen olfensichtlich einer etwas früheren
Stilstufe angehört.
Auch dieses Bild") erhält durch die eigenartige
Verschmelzung niederländischer Elemente und
oberdeutscher Renaissanceform das bestimmende
Gepräge. Trotz der ^niederländischen" Malweise
und trotz des niederländischen — in der Leydener
Schule vorgebildeten — Bildschemas der ,,Halbh-
gur in Nische" kann es nur in Oberdeutschland
entstanden sein. Daß es auf Rotbuchenholz gemalt
ist, spricht nicht dagegen. Für die Zuschreibung an
den Meister des Universitätsaltars läßt sich eine
Reihe beweisender Analoga beibringen. Die Hände
sind wie im Münchner Triptychon bestimmt kon-
turiert, plastisch und doch mit einer gewissen
malerischen Weichheit geformt, das steife Spreit-
zen der Finger fällt auch heim hl. Narzissus und
bei der Maria des Innenlliigels auf. Die spitz ge-
zeichneten, spröden Knitterungen des Schleier-
hemdes und des llatternden Kopftuches, in denen
eine Einwirkung des spezifisch augsbnrgischen,
vor allem mit dem Namen Jörg Breus verbundenen
Manierismus zu spüren ist, die spielerisch gewell
ten Säume begegnen wieder in der Schärpe und im
Schleier Magdalenas sowie im Kopftuch Marga-
retes, das Halsband und der Anhänger sind in der
gleich peinlich minutiösen Art wiedergegeben wie
der Ornat des Narzissus und die Schmuckstücke
der Magdalena. Die perspektivisch verkürzte Bo-
genleibung mit dem einfachen Gesims ist der rah-
menden Architektur in den Außenflügeln des Uni-
3) H. 67 cm, B. 51 cm.

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