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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0273

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thos hat noch nicht eingesetzt. Schließlich ist die
Harztemperatechnik die des 15. Jahrhunderts, in
ihrem ilachen Farbenauftrag womöglich noch
altertümlicher und „gotischer" als die des Zwettler
Altars. Maltechnisch stehen die Tafeln durchaus
neben den Werken des Martyrienmeisters. Ganz
österreichisch ist das Raumemphnden. Auf der
Weihnacht bewegt sich der Bühnenaufbau durch-
aus in der Bahn des Schottenmeisters — die Re-
lation der Gestalten zu ihrer Umgebung ist die
gleiche; auf den Schottenmeister geht auch das
Motiv des über Mariae Rücken herabgleitenden
Mantels zurück. Freier und weiter ist die Verkün-
digung. Wundervoll ist das sachte Heranschleichen
des Engels auf leisen Sohlen, als fürchte er,
Maria zu stören. Da liegt auch der Beginn der
Breulandschaft. Köstlich ist die Schilderung des
Beiwerks — wie eine Flasche in einer Fenster-
nische glänzt, ein Polsterkissen auf einem Wand-
bänkchen liegt. Alles wohlig und traulich — wirk-
liche Raumstimmung. Das ist ja Cranach wenig
früher in unübertroffener Weise in der St. Flo-
rianer Verkündigung gelungen*). An diese läßt
auch das Butzenfenster rechts mit dem flachge-
wölbten Sturz denken. Hell und luftig sind die
Farben der Verkündigung: Gelb, Violett, Blaßlila
im Rahmen von hellem Graubraun und Grauviolett;
nur in der Landschaft stehen Dunkelgrün und
Warmbraun. Die Geburt ist etwas tiefer gestimmt:
dunkles Rot und Blau im Joseph, Grau im Mauer-
werk. Dieses Kolorit zeigt Breu im Zusammenhang
mit dem Meister der prächtigen Mondseer Tafeln
aus dem bischöflichen Ordinariat zu Linz, einem
Zeitgenossen des Martyrienmeisters, der dieser füh-
an Jacopo und Gentile BeHini schon gewonnene moderne Raumgestat-
tung der Zeichnung der hi. Familie (L. 142) in der Apokalypse und
großen Passion wieder ganz aufgibt — weil es der Inhalt verlangt.

renden Persönlichkeit der niederösterreichischen
Malerei in den Neunzigerjahren sehr nahe stand.
Die Dijoner Tafeln müssen 1498 oder 1499, vor
dem entscheidenden Einfluß der Dtirerschen Gra-
phik, entstanden sein.
Die Rückverbindung liegt im Schaffen des dritten
großen um die Jahrhundertwende in Österreich
tätigen Künstlers zutage, das im Verein mit dem des
frühen Breu und des frühen Cranach die Wurzel
des „Donaustils", die Keimzelle der,, Donauschule"
bildet, im Schaffen Rueland Frueauf des Jüngeren.
Die Bedeutung, die Frueaufs Werke für die Ent-
wicklung des Donaustils haben, ist eine längst an-
erkannte und oft ausgesprochene Tatsache^). Nun
können wir im Werk dieses um 1470 geborenen
und 1545 gestorbenen Meisters^) nur eine kurze
Entwicklungsstrecke verfolgen. Der Ausgangs-
punkt sind die beiden Zyklen von Altartafeln in
Klosterneuburg*).Das reifere und überraschendere
Werk von den beiden Folgen ist die Leopolds-
legende; sie ist 1501 datiert^. Ihre schimmernden
und schwebenden Landschaftsbilder sind eine
ebenso große Offenbarung wie die im Vorjahre
entstandene Kornernte des Zwettler Altars (Abb.
2) Voß, Der Ursprung des Donaustiis S. 76. Otto Fischer, Kunst-
geschichtliche Anzeigen IV 1907 S. 70/71. Die altdeutsche Maierei in
Salzburg S. 118.
3) W. M. Schmid, Beiträge zur Passauer Kunstgeschichte. Beiträge zur
Geschichte d. deutschen Kunst I, S. 103.
4) List-Drexier T. XXI—XXIV.
3) Die ietzte schlecht erhaltene Ziffer wird von Suida (Katalog der Aus-
stellung ,,Gotik in Österreich" S. 54, 55) als 1507 gelesen. Der Forscher
spricht zugleich die Leopoldslegende ais Fiügei der großen Altartafel
von Frueauf in der Prälatenkapeiie des Stiftes Klosterneuburg, die den
hi. Leopoid darsteiit und 1507 datiert ist, an. Diese Tafel macht heute
den Eindruck eines vollkommen nazarenischen Biides: sie wurde von
findet. Wie weit der Maier auf aiter Grundlage aufbaute, könnte nur
eine Abdeckung konstatieren. Da eine Altarbildskizze von Kupelwieser
in Grazer Privatbesitz, mit der Klosterneuburger Tafel bis ins Kleinste
übereinstimmt — nur daß an Stelie des Goldgrunds eine Landschaft mit
Engei steht —, dürfte sich diese aite Grundlage ais recht illusorisch
heraussteiien. Signum und Datum sind vöiiig neu. Wenn das Datum hier
ebenso schlecht erhalten war wie auf der Leopoidslegende, dann stand
dem Restaurateur die Wahl zwischen 1501 und 1507 vöiiig offen. Doch
selbst wenn das aite Datum der Leopoldstafei 1507 gelautet hat, so
ist damit für die Leopoidsiegende kein Anhaltspunkt gegeben, denn die
nur 76X39 cm messenden Täfeichen sind schwerlich Fiügei des 260X88
cm messenden hl. Leopoid gewesen. 1507 wären die Täfelchen keine
besondere Überraschung mehr. Doch war Ruelands Stii um diese Zeit

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