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______________________Der Markt für Zeichnungen 21

Tatsächlich berichtet Guicciardini, daß zu seiner Zeit dreihundert Künstler
in Antwerpen ansässig waren.10 Auch in diesem Fall werden seine Angaben
durch erhaltene Quellen bestätigt. So ergibt die Auswertung der Mitgliedslisten
der Lukasgilde tatsächlich für die Zeit zwischen 1540 und 1580 eine Zahl von
durchschnittlich zwei- bis dreihundert Mitgliedern." Gemessen daran, daß
Guicciardini von nur 169 Bäckern, 78 Metzgern und 75 Seefischhändlern
spricht, wird deutlich, daß - auch wenn seine Angabe übertrieben sein sollte -
der Konkurrenzdruck, dem die Künstler ausgesetzt waren, enorm gewesen sein
muß.12 Hier galt es für Pieter Bruegel, sich zu behaupten. Als er von seiner mehr-
jährigen Reise nach Italien heimkehrte, die mit ungeheuren Kosten und Mühen
verbunden war, hatte er eine nicht unbeträchtliche Zahl von Landschaffszeich-
nungen in seinem Gepäck. Er war gezwungen, mit diesen Werken seinen Un-
terhalt zu bestreiten: Egal, ob er seine Zeichnungen an einen Stichverleger, an
einen Künstlerkollegen oder Sammler verkaufte. Unabhängig davon, ob sie als
Vorlage für Kupferstiche dienen sollten oder als Sammelobjekt geschätzt wur-
den, läßt sich mit Blick auf diese Blätter eine allgemeine Feststellung treffen:
Bruegel scheint davon ausgegangen zu sein, daß er mit seinen Darstellungen der
Landschaft Geld verdienen konnte. Das gilt selbst, wenn seine Zeichnungen ihm
nur als Vorarbeiten für Gemälde gedient haben sollten, da auch die Umsetzung
in ein anderes Medium wohl nichts am Bildgegenstand geändert hätte.13 Das
führt zu der eingangs gestellten Frage zurück, zu welchem Zweck Bruegel seine
Landschaftszeichnungen fertigte. Die Antwort mutet trivial an: Zumindest je-
ne Blätter, die über den Ausführungsgrad einer Skizze hinausgehen, waren - auf
welche Weise auch immer - zum Verkauf bestimmt.

Doch wie wurden Landschaftsdarstellungen im Antwerpen des 16. Jahrhun-
derts gehandelt, wie sah der Markt für gezeichnete, gestochene und gemalte
Landschaften aus?

Der Markt für Zeichnungen

Handzeichnungen erfreuten sich im Zeitalter Bruegels größter Beliebtheit und
waren Gegenstand eifriger Sammelbemühung.14 Das erweist nicht zuletzt auch
die erhaltene Korrespondenz des Kosmographen Abraham Ortelius, der selbst
über eine bedeutende Sammlung verfügte.15 Dieser stand beispielsweise mit Jo-
ris Hoefnagel in regem Austausch, der als Kunsthändler ausgesprochen aktiv
war.16 So sandte Hoefnagel am 20. September 1593 einen Brief an Ortelius, dem
ein eigenes Werk - »een stuxken van mijnder handt« - beilag, das er gegen ein
anderes Kunstwerk zu tauschen gedachte - »conste tegen conste«.'7 Hoefnagel,
der auch verschiedene Zeichnungen Bruegels besaß, hat Handzeichnungen aber
 
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