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Chorographie als Dekoration 159

angemessene Dekoration selbst für fürstliche Räume, und das Bürgertum der
Städte knüpfte an diese Traditionen an.152

Landschaftsbilder waren demnach nicht nur als Chorographien nützlich und
von Interesse, sie konnten nicht nur hervorragend den Individualstil eines
Künstlers dokumentieren, sondern sie galten darüber hinaus seit der Antike
auch als »dekorativ«. Diese in der klassischen Literatur gegebene ästhetische Le-
gitimation für die Ausstattung von Räumen mit Landschaftsdarstellungen kam
dem durch das zunehmende kosmographische Interesse motivierten Bedürfnis
nach Bildern dieser Art entgegen.

Chorographie als Dekoration

Die wohlhabenden Bürger knüpften in den Niederlanden auch an feudale Aus-
stattungskonventionen an, indem sie ihre Häuser mit Wandteppichen deko-
rierten.153 Neben Gemälden waren Tapisserien in adeligen Kreisen als Wand-
schmuck sehr beliebt, und spätestens in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
waren sie in ganz Europa zu einer obligatorischen Ausstattung jeden Hofes ge-
worden.154 Zu dieser Zeit begannen dann auch die reichen Einwohner der Städ-
te, ihre Häuser mit ihnen zu schmücken, wobei sich besonders Teppiche mit
Garten- und Landschaftsmotiven größter Beliebtheit erfreuten.155 Die Vorliebe
gerade für Gartenteppiche wird verständlich, wenn man bedenkt, welch be-
deutende Rolle dem Garten seit dem ausgehenden Mittelalter im gesellschaftli-
chen Leben der herrschenden Oberschicht zukam.156 Bei den Teppichen, die
Eingang in bürgerliche Haushalte fanden, handelte es sich in der Regel um bil-
lige, grobfädige Arbeiten. Meist zeigten sie im Vordergrund eines Gärtleins lust-
wandelnde Paare oder zur Laute singende Damen und Herren. Im Hintergrund
erhob sich dann die Kulisse eines herrschaftlichen Landsitzes, vor dem sich, ei-
ner eingeschobenen Kulisse gleich, Jagden abspielten.157 Das Jagen gehörte zu
den Privilegien und zugleich zu den Hauptfreuden fürstlicher Herren. Es kann
deshalb kaum verwundern, daß Jagdmotive von den frühesten Zeiten der Tep-
pichkunst bis zum Erlöschen der Bildwirkerei beliebt, begehrt und weit ver-
breitet waren.158

Teilweise stellten diese Landschafts- und Jagdteppiche für die Zeitgenossen
wiedererkennbare Orte topographisch getreu dar. Das erweist zum Beispiel ei-
ne der schönsten Teppichfolgen des 16. Jahrhunderts, die sogenannten Jagden
Maximilians.159 Zwölf Teppiche umfaßt die den Freuden der Jagd gewidmete
Serie.160 Das Programm ist am Lauf des Jahres orientiert, der im Wechsel der
Tierkreiszeichen seinen sichtbaren Ausdruck findet. Die Reihe beginnt - im Zei-
chen des Widders - mit dem März, der, wie der April, der Vogelbeize gewidmet
 
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