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VI Malen und malen lassen

medio posuit deus omnia campo. 1
M. Annaeus Lucanus

»Da hieß es denn, das alles sei Rubbens’ Werk«

Mit Blick auf Rubens’ Selbstverständnis und sein Bemühen um standesgemäße
Repräsentation kann es kaum verwundern, dass er nicht unbedingt bestrebt
war, als fleißiger Arbeiter in Erscheinung zu treten. Denn Arbeit war weder
mit seiner gesellschaftlichen Position vereinbar noch mit dem am antiken Ideal
orientierten Lebensentwürfen, die man seinerzeit in Antwerpen pflegte. 2 Die
heutigen Idealen so ferne Geringschätzung der Handarbeit findet mit der »Ilias«
Homers bereits im achten vorchristlichen Jahrhundert Ausdruck. Dort wird es
als schlimmste Demütigung des Odysseus beschrieben, der als Bettler verklei-
det nach Ithaka zurückkehrte, dass einer der Freier, die seine Frau Penelope
belagerten, sich erdreistete, ihm eine Arbeit anzubieten. Selbst für einen Bettler
war das eine Herabsetzung, eine Infamie, die nur mit dem Tod gesühnt wer-
den konnte. Um wie vieles empörender für einen freien Mann die Vorstellung
war, zu arbeiten, erweist der Wutausbruch des Eurymachos, jenes Freiers, dem
der verkleidete Odysseus erwidert, er möge doch gemeinsam mit ihm auf dem
Feld arbeiten. 3 Die allgemeine Verachtung für alle Formen der handwerklichen
Tätigkeit und des mit körperlicher Arbeit verbundenen Gelderwerbs zieht sich
durch die gesamte antike Literatur. Ein Ausdruck dieser allgemeinen Verach-
tung ist es auch, dass Hephaistos, der Gott des Handwerks, im Gegensatz zu
den anderen Göttern ein hinkendes und hässliches Geschöpf war. 4 Mit Homer
beginnend, von Platon (427-347 v. Chr.) über Aristoteles (384-324 v. Chr.)
bis zu den Philosophen und Historikern der römischen Antike, besteht größte
Einigkeit darüber, dass körperliche Arbeit eines freien Mannes unwürdig sei. 5
»Zunächst werden wir jene Erwerbszweige mißbilligen«, schrieb zum Beispiel
Cicero (106-43 v. Chr.), »die die Ablehnung der Menschen auf sich ziehen,
wie die der Zöllner [und] der Geldverleiher. [...], da die Kaufleute, ohne zu
lügen nichts verdienen können; und was ist schändlicher als die Lüge? Alle
Handwerker befassen sich mit einer schmutzigen Tätigkeit, denn eine Werkstatt
kann nichts Edles an sich haben. Am wenigsten kann man jene Fertigkeiten
 
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