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Burckhardt, Jacob
Der Cicerone: Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens — Basel, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.1179#0489
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474 Antike Scolptnr. Satyrn.

als Episoden einzeln gedacht und behandelt und von den Nachahmun-
gen gerade dieser Werke sind die Galerien voll.

Diese sämtntliehen Gestalten haben leisere oder derbere Anklänge
an das Thierisehe, ja Bestandtheile von Thieren an sich. Kur so
wurden sie geschickt zu dem vollkommen wohligen Genuss und zu
dem endlosen Mnthwillen, in welchem sie sich ergehen. .

Die Hauptschaar besteht aus Satyrn. (Der römische und italie-
nische Name „Faun" kann nur verwirren und wird am besten ganz
beseitigt.) Ihre Abzeichen sind die mehr oder weniger bemerkliehe
Stülpnase, die etwas gespitzten Ohren, oft auch ein Schwänzchen und
zwei Halsdrüsen; als Kleidung etwa ein Thierfell. Allein schon in-
nerhalb dieser Gattung ist die reichste Abstufung zu bemerken.

Der edelste, dem Dionysos am nächsten stehende, ist der vom
Flötenspiel ausruhende, an einen Baumstamm gelehnte (bisweilen be-
kränzt); eines der anmuthigsten und beliebtesten Motive der alten
Kunst, wahrscheinlich Nachbildung des praxitelischen Satyros pe-
ariboetos. Das beste römische Exemplar im Museo capitolino (Zim-
b mer des sterbenden Fechters); andere gute: im Braceio nuovo des
c Vaticans und in der Villa Borghese (Zimmer des Fauns). — Zwei
d geringe römische Wiederholungen im Pal. Pitti zu Florenz (inneres
Vestibül über der Haupttreppe) geben dem Periboetos einen kleinen
Pan bei, durch welche Zuthat die Einsamkeit verloren geht, die für
den geistigen Ausdruck der Figur so wesentlich ist. — Das Über-
wiegen des Genusslebens zeigt sich beim Periboetos nur in dem vollen
Rund der Züge und in dem etwas vortretenden Bauch, die Malice
nur in einem kaum bemerklichen Zuge des Gesichtes.

Sein jüngerer Bruder ist der Satyrknabe, welcher die Flöte

eben ansetzen oder weglegen will (was der Restaurationen wegen

selten zu entscheiden ist), angelehnt mit gekreuzten Beinen. Gute

cExemplare im Braceio nuovo des Vaticans, in der obern Galerie des

fMuseo capitolino und anderswo; ein geringeres im runden Saal der

g Villa Albani; keines wohl der Anmuth des Originals entsprechend.

h Ein Fragment in der Galerie zu Farma. (Auch der sog. Amorstorso

daselbst ist wohl eher von satyresker Bildung.) Die Satyrknaben und

Kinder, von welchen einzelne treffliche Köpfe vorkommen, sind theils

von harmlosem, theils auch schon von nichtsnutzigem, spöttischem
 
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