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giebt zu erwägen, daß letztere im Gegentheil bei so beschaf- 3. Mfchnitt.
fenen Zeiten fast der einzige unschuldige, d. h. neutrale
Gegenstand gelehrter Darstellung seien.
Wenn aber die Culturgeschichte nach Aussagen zu Das unglück
suchen verpflichtet ist, in welchen neben der Anklage das der Gelehrten.
menschliche Mitgefühl vorwiegt, so ist keine Quelle zu ver-
gleichen mit der oft erwähnten Schrift des Pierio Valeriano
„über das Unglück der Gelehrten" Z. Sie ist geschrieben
unter dem düstern Eindruck der Verwüstung von Rom,
welche mit dem Jammer, den sie auch über die Gelehrten
brachte, dem Verfasser wie der Abschluß eines schou lange
gegen dieselben wüthenden bosen Schicksals erscheint. Pierio
folgt hier einer einfachen, im Ganzen richtigen Empfindung;
er thut nicht groß mit einem besondern vornehmen Dämon,
der die geistreichen Leute wegen ihres Genies verfolge,
fondern er constatirt« das Geschehene, worin oft der bloße
unglückliche Zufall als entscheidend vorkömmt. Er wünscht
keine Tragödie zu schreiben oder Alles aus^höhern Con-
flicten herzuleiten, weßhalb er denn auch Alltägliches vor-
bringt. Da lernen wir Leute kennen, welche bei unruhigen
Zeiten zunächst ihre Einnahmen, dann auch ihre Stellen
verlieren, Leute, welche zwischen zwei Anstellungen leer aus-
gehen, menschenscheue Geizhälse, die ihr Geld immer ein-
genäht auf sich tragen, und nach geschehener Beraubung im
Wahnsinn sterben, Andere, welche Pfründen annehmen und
in melancholischem Heimweh nach der frühern Freiheit dahin-
siechen. Dann wird der frühe Tod Vieler durch Fieber
oder Pest beklagt, wobei die ausgearbeiteten Schriften mit-
sammt Bettzeug und Kleidern verbrannt werden; Andere
leben und leiden unter Morddrohungen von Collegen;
' Diesen und Jenen mordet ein habsüchtiger Diener, oder
Bösewichter fangen ihn auf der Reise weg und lassen ihn
in einem Kerker verschmachten weil er kein Lösegeld zahlen
kann. Manchen rafft geheimes Herzeleid, erlittene Krän-
D6 inrelieitate literatorum.
Cultur der Reuaissance.
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fenen Zeiten fast der einzige unschuldige, d. h. neutrale
Gegenstand gelehrter Darstellung seien.
Wenn aber die Culturgeschichte nach Aussagen zu Das unglück
suchen verpflichtet ist, in welchen neben der Anklage das der Gelehrten.
menschliche Mitgefühl vorwiegt, so ist keine Quelle zu ver-
gleichen mit der oft erwähnten Schrift des Pierio Valeriano
„über das Unglück der Gelehrten" Z. Sie ist geschrieben
unter dem düstern Eindruck der Verwüstung von Rom,
welche mit dem Jammer, den sie auch über die Gelehrten
brachte, dem Verfasser wie der Abschluß eines schou lange
gegen dieselben wüthenden bosen Schicksals erscheint. Pierio
folgt hier einer einfachen, im Ganzen richtigen Empfindung;
er thut nicht groß mit einem besondern vornehmen Dämon,
der die geistreichen Leute wegen ihres Genies verfolge,
fondern er constatirt« das Geschehene, worin oft der bloße
unglückliche Zufall als entscheidend vorkömmt. Er wünscht
keine Tragödie zu schreiben oder Alles aus^höhern Con-
flicten herzuleiten, weßhalb er denn auch Alltägliches vor-
bringt. Da lernen wir Leute kennen, welche bei unruhigen
Zeiten zunächst ihre Einnahmen, dann auch ihre Stellen
verlieren, Leute, welche zwischen zwei Anstellungen leer aus-
gehen, menschenscheue Geizhälse, die ihr Geld immer ein-
genäht auf sich tragen, und nach geschehener Beraubung im
Wahnsinn sterben, Andere, welche Pfründen annehmen und
in melancholischem Heimweh nach der frühern Freiheit dahin-
siechen. Dann wird der frühe Tod Vieler durch Fieber
oder Pest beklagt, wobei die ausgearbeiteten Schriften mit-
sammt Bettzeug und Kleidern verbrannt werden; Andere
leben und leiden unter Morddrohungen von Collegen;
' Diesen und Jenen mordet ein habsüchtiger Diener, oder
Bösewichter fangen ihn auf der Reise weg und lassen ihn
in einem Kerker verschmachten weil er kein Lösegeld zahlen
kann. Manchen rafft geheimes Herzeleid, erlittene Krän-
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Cultur der Reuaissance.