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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 1): Antike Kunst — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17367#0064
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Antike Architektur. Aquäducte. Portiken.

Wasser nach Rom? und wenn es sein rnusste, warum nicht denselben
Zweck mit einem Dritttheil dieses Aufwandes erreichen? Es wäre
noch immer ein gutes Geschäft gewesen. — Hierauf lässt sich
schlechterdings nichts Anderes erwidern, als dass die Weltgeschichte
einmal ein solches Volk hat haben wollen, das Allem, was es that,
den Stempel des Ewigen aufzudrücken versuchte, so wie sie jetzt den
Völkern wieder andere Aufgaben vorlegt. — Uebrigens war im
alten Rom mit seinen 19 Wasserleitungen in der That viel Wasser
„verschwendet", d. h. zur herrlichsten Zier der ganzen Stadt in un-
zählige Fontainen vertheilt'); ein anderes Riesenquantum speiste die
Thermen — ebenfalls ein Luxus, da die modernen Völker das Baden
im Ganzen für überflüssig erklärt haben. Nur in Betreff des Trink-
wassers fängt man doch an, die Römer von Herzen zu beneiden.
Zur römischen Zeit war jede Provinzialstadt besser daran als die
meisten modernen Grossstädte, und noch das jetzige Rom mit seinen
bloss vier Aquäducten ist an Zierwasser ohne Vergleich die erste Stadt
der Welt und steht in Beziehung auf das Trinkwasser wenigstens
keiner andern nach.

Stadtmauern, Strassen und Brücken der Römer sind, wenn
auch schlicht in der Form, doch durch denselben Typus der Unver-
gänglichkeit ausgezeichnet. Es muss eines furchtbaren, tausendjährigen
Zerstörungssinnes bedurft haben, um auch diese Bauten auf die Reste
herunterzubringen, welche wirjetzt vor uns sehen. (Unter den Brücken
a am merkwürdigsten die gewaltigen Reste zu Narni; vollständig er-
b halten nur die fünf bogige Brücke zu Rimini, an deren Jochen noch
die Sacella oder Nischen mit Giebeln wenigstens erkennbar sind; an
denjenigen in Rom trägt auch das erhaltene Antike eine moderne
Bekleidung.) Von den öffentlichen Bauten der Römer überhaupt stände
gewiss noch weit das Meiste aufrecht, wenn bloss die Elemente und
nicht die Menschenhand darüber ergangen wäre. Gebäude, welche
das Glück hatten, bei Zeiten vergessen zu werden, wie z. B. manche
in Arabien und Syrien, sind deshalb ohne Vergleich besser erhalten.

Die Bauten des öffentlichen Verkehrs sind leider in Betreff
ihrer Kunstform mehr ein Gegenstand der Alterthumsforschung als
des künstlerischen Genusses; so gering stellen sich die Reste dar,
mit welchen wir es hier ausschliesslich zu thun haben.

Der Porticus der Octavia, Schwester des Augustus, am Ghetto
zu Rom ist neuerdings von störenden Einbauten befreit. Hier, wenn
irgendwo, muss der bewusste Unterschied der Behandlung zwischen
Tempelhallen und Hallen für den täglichen Verkehr schön und ernst
durchgeführt gewesen sein. Beim gegenwärtigen Zustand des einzig

1) Von welchen nur noch die sog. Meta Sudans beim Colosseum kenntlich ist.
 
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