Ihre Mängel. Entwürfe. 87
Natürlich blieb auch in der Blüthezeit der Renaissance das Beste
Und Grossartigste unausgeführter Entwurf. Wir erfahren durch Nach-
richten, auch wohl durch Zeichnungen, welche die grösste Sehnsucht
rege machen, wie Brunellesco einen grossen Palast für die Mediceer,
Rossellino eine neue PetersMrche sammt Umgebung und Residenz,
Bramante aber dies alles mit höchster Macht und Schönheit zu ver-
wirklichen begonnen hatte, zahlloser anderer Projekte der grössten
■Meister nicht zu gedenken. Die reiche Sammlung der Hand-
zeichnungen in den Uffizien enthält von dieser Gattung weitaus
das Wichtigste, darunter namentlich die neuerdings geordneten Pläne
yon S. Peter. Für Architekten, welche mit der oft nur andeutenden
Ausdrucksweise des Zeichners, namentlich mit den perspectivischen
Halbansichten von Interieurs rasch vertraut sind, hat die Besichtigung
derselben einen grossen Werth. Eine facsimilirte Herausgabe desBesten
würde sich gewiss lohnen.
Noch eine andere Quelle kann uns das Bild dieses Stiles ergänzen
helfen. So reich auch eine Anzahl besonders kleinerer Gebäude mit
dem heitersten Schmuck ausgestattet ist, deren Venedig vielleicht die
zierlichsten enthält, so konnten doch Marmor und Erz nicht alle Phan-
tasien verwirklichen, denen sich die decorative Neigung des 15. Jahrh.
hingab. Wer auch diese Phantasie kennen lernen will, betrachte die
in vielen damaligen Medaillen und Reliefs dargestellten
Baulichkeiten. Unter den Reliefs seien hier erwähnt die Arbeiten
Donatello's in Padua und der Sarkophag Duccio's in der Cappella
degli Antenati in S. Francesco in Rimini; man sieht daraus, wie
frühe schon Lösungen, die dem reifen Stile anzugehören scheinen, vor-
kommen. Ein Gleiches gilt von den Architekturen auf Bildern; sie
sind bunt, überladen, bisweilen unmöglich, und doch nicht nur oft
von grossem Reiz, sondern auch zur Kenntniss des Baugeistes jener
Zeit unentbehrlich, wobei nicht zu vergessen ist, dass viele Maler zu-
gleich Baumeister waren. Mantegna und seine ganze Schule ist sehr
reich an Hintergründen von Hallen mit Reliefs; von den Ferraresen
ahmte ihn Mazzolino hierin mit Uebertreibung nach; Pinturicchio er-
giebt durchgängig Vieles, Dom. Ghirlandajo Einiges und Gutes (Chor
von S. Maria Novella in Florenz); selbst ein Maler dritten Ranges
wie Domenico di Bartolo verleiht seinen Werken (Fresken im Hospi-
tal della Scala zu Siena) ein grosses Interesse durch solche Zuthaten.
Sandro Botticelli undFilippino Lippi waren vollends unermüdlich darin.
Vorzüglich aber offenbaren die Fresken des Benozzo Gozzoli im Campo-
santo zu Pisa den Geist der Renaissancebauten in reichem Maasse.
Ausserdem möchte ich noch auf die kleinen Legendenbilder aus der
Sacristei von S. Francesco de' Conventuali zu Perugia (Pinakothek,
Nr. 209 fg.) aufmerksam machen, welche einen ganzen Cursus idealer
Renaissance ohne Phantasterei gewähren. Ferner Pe.rugino's Schlüssel-
Natürlich blieb auch in der Blüthezeit der Renaissance das Beste
Und Grossartigste unausgeführter Entwurf. Wir erfahren durch Nach-
richten, auch wohl durch Zeichnungen, welche die grösste Sehnsucht
rege machen, wie Brunellesco einen grossen Palast für die Mediceer,
Rossellino eine neue PetersMrche sammt Umgebung und Residenz,
Bramante aber dies alles mit höchster Macht und Schönheit zu ver-
wirklichen begonnen hatte, zahlloser anderer Projekte der grössten
■Meister nicht zu gedenken. Die reiche Sammlung der Hand-
zeichnungen in den Uffizien enthält von dieser Gattung weitaus
das Wichtigste, darunter namentlich die neuerdings geordneten Pläne
yon S. Peter. Für Architekten, welche mit der oft nur andeutenden
Ausdrucksweise des Zeichners, namentlich mit den perspectivischen
Halbansichten von Interieurs rasch vertraut sind, hat die Besichtigung
derselben einen grossen Werth. Eine facsimilirte Herausgabe desBesten
würde sich gewiss lohnen.
Noch eine andere Quelle kann uns das Bild dieses Stiles ergänzen
helfen. So reich auch eine Anzahl besonders kleinerer Gebäude mit
dem heitersten Schmuck ausgestattet ist, deren Venedig vielleicht die
zierlichsten enthält, so konnten doch Marmor und Erz nicht alle Phan-
tasien verwirklichen, denen sich die decorative Neigung des 15. Jahrh.
hingab. Wer auch diese Phantasie kennen lernen will, betrachte die
in vielen damaligen Medaillen und Reliefs dargestellten
Baulichkeiten. Unter den Reliefs seien hier erwähnt die Arbeiten
Donatello's in Padua und der Sarkophag Duccio's in der Cappella
degli Antenati in S. Francesco in Rimini; man sieht daraus, wie
frühe schon Lösungen, die dem reifen Stile anzugehören scheinen, vor-
kommen. Ein Gleiches gilt von den Architekturen auf Bildern; sie
sind bunt, überladen, bisweilen unmöglich, und doch nicht nur oft
von grossem Reiz, sondern auch zur Kenntniss des Baugeistes jener
Zeit unentbehrlich, wobei nicht zu vergessen ist, dass viele Maler zu-
gleich Baumeister waren. Mantegna und seine ganze Schule ist sehr
reich an Hintergründen von Hallen mit Reliefs; von den Ferraresen
ahmte ihn Mazzolino hierin mit Uebertreibung nach; Pinturicchio er-
giebt durchgängig Vieles, Dom. Ghirlandajo Einiges und Gutes (Chor
von S. Maria Novella in Florenz); selbst ein Maler dritten Ranges
wie Domenico di Bartolo verleiht seinen Werken (Fresken im Hospi-
tal della Scala zu Siena) ein grosses Interesse durch solche Zuthaten.
Sandro Botticelli undFilippino Lippi waren vollends unermüdlich darin.
Vorzüglich aber offenbaren die Fresken des Benozzo Gozzoli im Campo-
santo zu Pisa den Geist der Renaissancebauten in reichem Maasse.
Ausserdem möchte ich noch auf die kleinen Legendenbilder aus der
Sacristei von S. Francesco de' Conventuali zu Perugia (Pinakothek,
Nr. 209 fg.) aufmerksam machen, welche einen ganzen Cursus idealer
Renaissance ohne Phantasterei gewähren. Ferner Pe.rugino's Schlüssel-