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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 2,1): Mittelalter und Renaissance: Architektur — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17368#0228
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Frührenaissanee.

a beim Ponte de' Giangioli. — Das Haus Nr. 1944, mit dem Motto:
„Omnia praetereunt, redeunt, nihil interit", ist unten mit einer sonder-
baren, gitterartigen Verzierung überzogen, sonst von guten Verhält'
nissen. — Schon aus der .classisehen Zeit stammt dann das Häuschen

b Nr. 1276, ein ganz merkwürdiger Versuch, selbst in den allerkleinsten
Dimensionen monumental bedeutend sein zu wollen. Mit der Fassade
gelang es; mit dem Höfchen doch nicht mehr.

Von da bis auf Palladio ist eine zwar nicht reichliche, aber doch
nie zu lang unterbrochene Reihe von mehr oder weniger stattlichen
Privatgebäuden vorhanden, welche die Vorstufen seiner Werke bilden.

Verona war die Vaterstadt eines der berühmtesten Architekten
der Frührenaissance, des Fra Giocondo (geb. 1435; starb 1515). Seine
Thätigkeit gehörte meist dem Auslande an, doch hat er in der Hei-

c math wenigstens ein wichtiges Gebäude, den Pal. del Consiglio
(am Signorenplatz), hinterlassen1); entworfen 1476, die bekrönenden
Statuen waren 1493 fertig. Bei grosser Eleganz ist dasselbe doch in
der Anordnung weniger gelungen als die ähnliche Loggia del Con-
siglio zu Padua; viertheilig, so dass ein Pfeiler auf die Mitte trifft;
die Flachrundgiebel der obern Fensterreihe an das.Gesimse stossend;
die Sculpturnischen in der Mitte nicht gut angebracht. Vorzüglich
fein und gediegen ist das bauliche Detail (Gesimse, Archivolten etc.),
weniger das bloss decorative. Die Spuren der gemalten Arabesken an
sämmtlichen Mauerflächen waren so weit erhalten, dass man vor
einiger Zeit die jetzige glänzende Herstellung durchführen konnte. —

d Sonst gilt z. B. noch das schöne Portal von S. Maria dellaScala
als Work Fra Giocondo's; Anderes ist weder bedeutend, noch sicher
von ihm.

Von den Privatpalästen der Frührenaissance ist kein einziger
baulich wichtig; der Ersatz hiefür lag in der speciell veronesischen
Sitte, idie Fassaden von oben bis unten zu bemalen, wovon bei spä-
terem Anlass.

e Von den Kirchen ist SS. Nazaro e Celso gothisch angefangen
f und gegen 1500 ausgebaut; S. Maria in Organo vom Jahr 14S1
(die Fassade 1592); erstere dreischiffig mit Pfeilern, letztere eine
Säulenkirche mit Tonnengewölbe, einigermaassen an S. Sisto in Pia-
cenza erinnernd, nur dass der Fries über den Bogen mit vollfarbigen
Geschichten bemalt ist. (Viereckige Kuppel.) Beide Kirchen sind
mehr durch ihre decorativon Zuthaten bedeutend.

k Brescia besitzt vor Allem einen höchst ansehnlichen Palazzo
Comunale, der 1508 von einem einheimischen Künstler, Formeft-

1) Die bisher geltend gemachten Gründe gegen die Autorschaft des 3Tra
Giocondo erscheinen haltlos.
 
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