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Hochrenaissance.
mit zwei Geschossen darüber statt einem mit gekuppelten Wand-
säulen in jenem Bau.
Neben dem schon besprochenen Antheile Rafaels an der Peters-
a kirche wäre als sein bedeutendstes Werk die Villa Madama zu
nennen1), (Am Abhang des Monte Mario für den Cardinal Giulio de'
Medici, später Clemens VII. um 1516 begonnen, leider nur zum kleinen
Theile ausgeführt und jetzt in trostlosem Zustande, nachdem schon
längst der Garten aufgegeben worden.) Das gerade Gegentheil von
dem, was der Durchschnittsgeschmack unserer Zeit ein freundliches
Landhaus zu nennen pflegt: kaum je zum Wohnen, vielmehr nur zum
Absteigequartier bestimmt; möglichst Weniges ist hier in möglichst
grossen Formen gegeben; und diese sind von einer einfachen Majestät,
wie sie dem vornehmsten der Cardinäle, der schon halb zum Nach-
folger auf dem päpstlichen Stuhl designirt war, gemäss zu sein
schien. Nur Eine Ordnung von Pilastern; ja in der Mitte, wo die
dreibogige Halle mit den oben (S. 195 d) erwähnten Arabesken sich
öffnet, nur ein Stockwerk, über hoher, malerisch ungleich vortreten-
der Terrasse; das Wasserbecken unten daran ehemals durch Ströme
aus den Nischen belebt. Der auf der Rückseite gelegene, nur halb
angelegte unvollendete runde Hof sollte die Mitte der Anlage bilden,
deren Hauptfassade nach der Tiber sah. Die Architektur dieses
Hofes (Halbsäulen und Nischen mit Tabernakeln) ist der Aussen-
gliederung der Umgänge Bramante's an S. Peter entnommen. Giulio
Romano soll den Bau geleitet haben. Der Umstand, dass mehrere
schöne Zeichnungen zur Villa Madama von Antonio da Sangallo,
seinem Bruder (il Gobbo) und Vetter Francesco da Sangallo für
Rafael gefertigt wurden, zeigt, dass Rafael wie in der Malerei so
auch in der Architektur sich der Mithilfe von Fachgenossen bediente,
um der erdrückenden Arbeitslast Herr zu werden. Die Villa Madama
übte auf die Entwicklung der italienischen Villa einen kaum minderen
Einfluss aus als auf dem Gebiete des Kirchenbaues die Entwürfe zur
Peterskirche.
Von den Werken eines andern Urbinaten, der vermuthlich zu
Bramante in einiger Beziehung stand, Girolamo Genga (1470—1551)
können wir meist nur die Namen (nach Milizia) angeben: die Kirche
h S. Giovanni Battista in Pesaro, das Zoecolantenkloster in Monte
<= Baroccio, der bischöfliche Palast in Sinigaglia. Wer aber den
Rohbau einer fürstlichen Villa, von grossartig phantastischer Com-
position, hoch und herrlich gelegen, kennen lernen will, darf in
<l Pesaro den halbstündigen Ausflug nach Monte Imperiale nicht
scheuen. Ein älterer Bau mit ansehnlichen Fresken, welcher sich zu-
nächst dem Blicke darbietet, hätte vermuthlich dem sich anschliessen-
1) Für das Nähere verweiseich auf mein Werk „Raffaello architetto". H. v. G.
Hochrenaissance.
mit zwei Geschossen darüber statt einem mit gekuppelten Wand-
säulen in jenem Bau.
Neben dem schon besprochenen Antheile Rafaels an der Peters-
a kirche wäre als sein bedeutendstes Werk die Villa Madama zu
nennen1), (Am Abhang des Monte Mario für den Cardinal Giulio de'
Medici, später Clemens VII. um 1516 begonnen, leider nur zum kleinen
Theile ausgeführt und jetzt in trostlosem Zustande, nachdem schon
längst der Garten aufgegeben worden.) Das gerade Gegentheil von
dem, was der Durchschnittsgeschmack unserer Zeit ein freundliches
Landhaus zu nennen pflegt: kaum je zum Wohnen, vielmehr nur zum
Absteigequartier bestimmt; möglichst Weniges ist hier in möglichst
grossen Formen gegeben; und diese sind von einer einfachen Majestät,
wie sie dem vornehmsten der Cardinäle, der schon halb zum Nach-
folger auf dem päpstlichen Stuhl designirt war, gemäss zu sein
schien. Nur Eine Ordnung von Pilastern; ja in der Mitte, wo die
dreibogige Halle mit den oben (S. 195 d) erwähnten Arabesken sich
öffnet, nur ein Stockwerk, über hoher, malerisch ungleich vortreten-
der Terrasse; das Wasserbecken unten daran ehemals durch Ströme
aus den Nischen belebt. Der auf der Rückseite gelegene, nur halb
angelegte unvollendete runde Hof sollte die Mitte der Anlage bilden,
deren Hauptfassade nach der Tiber sah. Die Architektur dieses
Hofes (Halbsäulen und Nischen mit Tabernakeln) ist der Aussen-
gliederung der Umgänge Bramante's an S. Peter entnommen. Giulio
Romano soll den Bau geleitet haben. Der Umstand, dass mehrere
schöne Zeichnungen zur Villa Madama von Antonio da Sangallo,
seinem Bruder (il Gobbo) und Vetter Francesco da Sangallo für
Rafael gefertigt wurden, zeigt, dass Rafael wie in der Malerei so
auch in der Architektur sich der Mithilfe von Fachgenossen bediente,
um der erdrückenden Arbeitslast Herr zu werden. Die Villa Madama
übte auf die Entwicklung der italienischen Villa einen kaum minderen
Einfluss aus als auf dem Gebiete des Kirchenbaues die Entwürfe zur
Peterskirche.
Von den Werken eines andern Urbinaten, der vermuthlich zu
Bramante in einiger Beziehung stand, Girolamo Genga (1470—1551)
können wir meist nur die Namen (nach Milizia) angeben: die Kirche
h S. Giovanni Battista in Pesaro, das Zoecolantenkloster in Monte
<= Baroccio, der bischöfliche Palast in Sinigaglia. Wer aber den
Rohbau einer fürstlichen Villa, von grossartig phantastischer Com-
position, hoch und herrlich gelegen, kennen lernen will, darf in
<l Pesaro den halbstündigen Ausflug nach Monte Imperiale nicht
scheuen. Ein älterer Bau mit ansehnlichen Fresken, welcher sich zu-
nächst dem Blicke darbietet, hätte vermuthlich dem sich anschliessen-
1) Für das Nähere verweiseich auf mein Werk „Raffaello architetto". H. v. G.