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Barockstil.
Der Stolz der damaligen Paläste sind eben vorzugsweise die
Treppen. Wer irgend die Mittel aufwenden kann, verlangt breite,
niedrige Stufen, bequeme Absätze, steinerne (selten eiserne) Balustra-
den und eine reiche gewölbte Decke. Als das Ideal der Treppenbau-
kunst galt Bernini's Scala regia im Vatican mit ihren ionischen
Säulenreihen und ihrer kunstreich versteckten Verengerung. Man wird
in der That zugeben müssen, dass auf einem so geringen Raum nichts
Imposanteres denkbar ist. Allein diese Anlage konnte natürlich nicht
als durchgehendes Vorbild dienen. Fürsten, Vornehme und geistliche
Corporationen errichteten nun, wenn der Aufwand keine Einschrän-
kung erlitt, für die Treppen grosse eigene Gebäude, mit einem Auf-
stieg in der Mitte und zwei rückwärts gewandten auf beiden Seiten;
die Bekleidung der Wandflächen und des (meist den Fresken und
Stuccaturen überlassenen) Gewölbes musste dann dem Stil des Ganzen
gemäss sein. — Aus dem Anfang des 17. Jahrh.: Haupttreppe im
Palast von Parma (jetzt Zugang zu Museo und Galleria) mit acht-
eckiger Kuppel; — aus dem vorigen Jahrh.: die berühmte grosse
Treppe des Schlosses von Caserta, von Vanvitelli; — dann etwa die
Paläste einer der damaligen Nepotenfamilien, der Corsini zu Rom
(von Fuga) und zu Florenz; — in Mailand: Pal. Litta; — in
Cremona: der oben erwähnte Pal. Dati, jetzt Hospital, mit einem
beinahe verwirrenden System von Aufstiegen, u. s. w.
Häufiger enthält das Treppenhaus, zumal wenn es auch noch
obern Stockwerken dienen soll, nur Einen Aufstieg, der mit gewaltig
breiten, niedrigen Stufen den Wänden folgt, entweder nur auf 2, oder
auf 3 oder allen 4 Seiten, wobei in der Mitte ein offener Raum übrig
bleibt. Für letzteres ist Pal. Altieri zu Rom ein namhaftes Bei-
spiel, und aus späterer classicistischer Zeit ganz besonders Pal.
Braschi. — Für die Aufstiegen bloss auf 2 Seiten (vorwärts und
rückwärts) aber bietet Ttalien eine wahre Auswahl von schönen, und
zwar auch von einfach schönen Lösungen der Aufgabe: ich erwähne
statt aller mit Vorliebe den Pal. Zucchini in Bologna (unmittelbar
hinter Albergo d'Italia), welcher sich schon durch seine geistvolle
Hofanlage auszeichnet; das Treppenhaus, mit seiner zum Theil erst
ganz späten, aber im schönsten Verhältniss durchgeführten Decoration,
ist zugleich eines von den in Bologna nicht seltenen, da eine ovale
Oeffnung im Gewölbe die hellbeleuchtete, mit einem Frescobikle ver-
sehene Decke eines obern Raumes sehen lässt. (Aehnliche z. B. im
Pal. Fioresi etc.) Wiederum eines jener Mittel, durch welche der
Barockstil die Voraussetzung einer viel grössern Ausdehnung und
Pracht zu erwecken weiss, als wirklich vorhanden ist.
Endlich ist die Treppe des Pal. Lancellotti in Velletri (von
Mark Lunghi d. Ae.) schon um der Aussicht willen, die von ihren
Bogenhallen eingefasst wird, einzig auf Erden.
Barockstil.
Der Stolz der damaligen Paläste sind eben vorzugsweise die
Treppen. Wer irgend die Mittel aufwenden kann, verlangt breite,
niedrige Stufen, bequeme Absätze, steinerne (selten eiserne) Balustra-
den und eine reiche gewölbte Decke. Als das Ideal der Treppenbau-
kunst galt Bernini's Scala regia im Vatican mit ihren ionischen
Säulenreihen und ihrer kunstreich versteckten Verengerung. Man wird
in der That zugeben müssen, dass auf einem so geringen Raum nichts
Imposanteres denkbar ist. Allein diese Anlage konnte natürlich nicht
als durchgehendes Vorbild dienen. Fürsten, Vornehme und geistliche
Corporationen errichteten nun, wenn der Aufwand keine Einschrän-
kung erlitt, für die Treppen grosse eigene Gebäude, mit einem Auf-
stieg in der Mitte und zwei rückwärts gewandten auf beiden Seiten;
die Bekleidung der Wandflächen und des (meist den Fresken und
Stuccaturen überlassenen) Gewölbes musste dann dem Stil des Ganzen
gemäss sein. — Aus dem Anfang des 17. Jahrh.: Haupttreppe im
Palast von Parma (jetzt Zugang zu Museo und Galleria) mit acht-
eckiger Kuppel; — aus dem vorigen Jahrh.: die berühmte grosse
Treppe des Schlosses von Caserta, von Vanvitelli; — dann etwa die
Paläste einer der damaligen Nepotenfamilien, der Corsini zu Rom
(von Fuga) und zu Florenz; — in Mailand: Pal. Litta; — in
Cremona: der oben erwähnte Pal. Dati, jetzt Hospital, mit einem
beinahe verwirrenden System von Aufstiegen, u. s. w.
Häufiger enthält das Treppenhaus, zumal wenn es auch noch
obern Stockwerken dienen soll, nur Einen Aufstieg, der mit gewaltig
breiten, niedrigen Stufen den Wänden folgt, entweder nur auf 2, oder
auf 3 oder allen 4 Seiten, wobei in der Mitte ein offener Raum übrig
bleibt. Für letzteres ist Pal. Altieri zu Rom ein namhaftes Bei-
spiel, und aus späterer classicistischer Zeit ganz besonders Pal.
Braschi. — Für die Aufstiegen bloss auf 2 Seiten (vorwärts und
rückwärts) aber bietet Ttalien eine wahre Auswahl von schönen, und
zwar auch von einfach schönen Lösungen der Aufgabe: ich erwähne
statt aller mit Vorliebe den Pal. Zucchini in Bologna (unmittelbar
hinter Albergo d'Italia), welcher sich schon durch seine geistvolle
Hofanlage auszeichnet; das Treppenhaus, mit seiner zum Theil erst
ganz späten, aber im schönsten Verhältniss durchgeführten Decoration,
ist zugleich eines von den in Bologna nicht seltenen, da eine ovale
Oeffnung im Gewölbe die hellbeleuchtete, mit einem Frescobikle ver-
sehene Decke eines obern Raumes sehen lässt. (Aehnliche z. B. im
Pal. Fioresi etc.) Wiederum eines jener Mittel, durch welche der
Barockstil die Voraussetzung einer viel grössern Ausdehnung und
Pracht zu erwecken weiss, als wirklich vorhanden ist.
Endlich ist die Treppe des Pal. Lancellotti in Velletri (von
Mark Lunghi d. Ae.) schon um der Aussicht willen, die von ihren
Bogenhallen eingefasst wird, einzig auf Erden.