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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 2,1): Mittelalter und Renaissance: Architektur — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17368#0341
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Michelangelo.

251

Nachahmung blieb nicht aus; Ammanati stellte Säulen in enge Wand-
nischen an der Fassade der Jesuitenkirche S. Giovannino; Giov. da »
Bologna an den Wänden seiner eigenen Gruftkapelle hinten in der
Annunziata u. s. w.

Das Gebäude der Laurenziana selbst ist wieder baulich ein- b
fach und würdig, und wenn hier das Detail der Verzierung wirklich,
wie man annimmt, von Michelangelo angegeben ist, so besass er im
Kleinen den feinsten Schönheitssinn, den er im Grossen der Bizarrerie
aufopferte. Die Holzdecke, deren edles und reiches Motiv sich in
der Zeichnung des von Tribolo ausgeführten Backsteinbodens wieder-
holt, soll „nach seiner Idee" von Tasso und Caroto, das einfach
classische Stuhlwerk von Ciapino und del Cinque, die bloss zweifar-
bigen lichten Glasmalerei-Arabesken der Fenster, wie oben bemerkt,
von Giov. da Udine ausgeführt sein. Die Thür, eines der ersten Bei-
spiele perspectivischen Scheinreichthums durch Verdoppelung der
Glieder, ist erweislich von Michelangelo.

Seine römische Thätigkeit ging zum Theil mit Plänen verloren,
die nicht ausgeführt wurden. (Entwurf zu einem Palast für Julius III.
an der Bipetta, fünf Pläne für S. Giovanni de' Fiorentini, welche
sämmtlich nicht mehr 'vorgefunden wurden, als im vorigen Jahrhun-
dert die jetzige Fassade, von Galilei, zur Ausführung kam, u. a. m.)
Doch sind ausser dem Bau von S. Peter, den er erst nach 1546 über-
nahm, einige Bauten von ihm ausgeführt vorhanden, welche die
Grösse und Richtung seines Geistes gerade an sehr verschiedenen
Aufgaben darthun.

Von ihm ist zunächst am Pal. Farnese das bewundernswürdige «
grosse Hauptgesims (dessen Wirkung er vorher durch hölzerne Mo-
delle erprobte) und das oberste Stockwerk des Hofes; an sieh schön,
passt es sehr wenig zu den herrlichen unteren Hallen Sangallo's.
Als Giacomo della Porta (o&wVignolat) die Loggia an der Hinterseite
des Palastes zu bauen hatte, wusste er keinen andern Rath, als das
grandiose Motiv des Hofes nach aussen hin zu wiederholen, und er
that wohl daran; nur hätte er das Gesims mit den anstossenden
Stücken des grossen Gesimses nicht so vermitteln dürfen, wie wir
es hier vor uns sehen. — Die grossartige Absicht, den Blick aus
dem Hofe zu einem architektonischen Durchblick bis an die Longara
zu erweitern, blieb ohne Folge.

Aus den letzten Lebensjahren Michelangelo's rührt sodannPorta <
Pia her. (Der Oberbau erst neuerlich und wohl nicht genau nach
seiner Absicht vollendet.) Ein verrufenes Gebäude, scheinbar reine
Caprice; aber ein inneres Gesetz, das der Meister sich selber schafft,
lebt in den Verhältnissen und in der örtlichen Wirkung der an sich
ganz willkürlichen Einzelformen. Diese Fenster, dieser starkschattige
Thorgiebel u. s. w. geben mit den Hauptlinien zusammen ein Ganzes,
 
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