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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 2,1): Mittelalter und Renaissance: Architektur — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17368#0342
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Hochrenaissance.

das man auf den ersten Blieb nur einem grossen, wenn auch verirrten
Künstler zutrauen wird. Innerhalb der Willkür herrscht eine Ent-
schiedenheit, welche fast Nothwendigkeit scheint.

Der Umbau der Diocletiansthermen zur Kirche S.Maria degli

a Angeli ist durch einen neuen Umbau des vorigen Jahrhunderts un-
kenntlich geworden. Erhalten blieb jedoch in dem dazu gehörenden
Carthäuserkloster der einfache hundertsäulige Gartenhof, dessen mitt-
lere Cypressen sogar von Michelangelo gepflanzt sein sollen; jetzt zu
Militärzwecken dienend und wohl entstellt. Die für den Orden tra-
ditionelle Anlage findet sich, wenn auch nicht in derselben Aus-
dehnung, mehrfach wieder, aber dann mit reichem Detail, das zu der
Gesammtwirkung gar keine Beziehung hat. (Aufgemalte Ornamente
am Gartenhof der Certosa bei Florenz, plastische an dem von S. Mar-
tino in Neapel.) Hier ist nur gegeben, was zum Ganzen beiträgt.
Auch die jetzige Anordnung und zum Theil auch die Gestalt der

b Capitolinischen Bauten rührt von Michelangelo her. Sowie sie
sind, entsprechen sie gewiss nicht seinem ursprünglichen Gedanken,
sondern sind in Ermangelung eines Bessern allmählich unter schwan-
kender Benutzung seiner Entwürfe zu Stande gekommen. Er selbst
legte schon 1536 die beiden Flachtreppen an, deren vordere mit den
Balustraden zu beiden Seiten und oben an der Terrasse so wesentlich
für die Wirkung des Ganzen ist. Im Jahr 1538 erhielt unter seiner
Leitung die Reiterstatue Marc Aurels ihren jetzigen Platz in der
Mitte der ganzen Anlage. Wahrscheinlich gehört ihm auch der Ent-
wurf zum jetzigen Senatorenpalast, und gewiss dessen herrlich an-
gelegte Doppeltreppe, welche mit dem Brunnen und den beiden Fluss-
göttern ein wahrhaft einziges plastisch-architektonisches Ganzes bildet
und für die Treppe der Laurenziana reichlich entschädigt. Zu den
beiden Seitenpalästen, die erst ein Jahrhundert später (derjenige des
Museums zuletzt) im Detail nach dem Geschmack dieser Zeit aus-
geführt wurden, lag ein Plan von ihm vor; sie sind zu originell ge-
dacht, zu richtig im Verhältniss zum Senatorenpalast, als dass man
die Idee einem Andern beimessen möchte. (Die Pfeiler haben, zur
Versüssung des Eindrucks, Säulen hart neben sich.) Für alles Ein-
zelne aber, namentlich für das hässliche Mittelfenster des einen, ist
derselbe Giov. del Duca verantwortlich, welcher auf Sangallo's Kirche
an Piazza Trajana die barocke Laterne setzte. Auch die schräge Rich-
tung auf den Senatorenpalast zu wurde am ehesten wohl von Michel-
angelo angegeben. Die beiden hintern Hallen über den Treppen nach
Araceli und dem tarpeischen Berge hin sind von Vignola entworfen.

Eine theilweise Benutzung von Michelangelo's Ideen trat bei vielen
Gebäuden ein; Manches wird auch nur sagenhaft mit seinem grossen
o Namen in Verbindung gebracht. So soll z. B. die Sapienza in Born,
welche theils von Qiac. della Porta, theils erst gegen 1650 erbaut
 
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