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Burckhardt, Jacob; Bode, Wilhelm
Der Cicerone: eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens (Band 2,2): Mittelalter und Renaissance: Plastik und Malerei — Leipzig, 1884

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https://doi.org/10.11588/diglit.17369#0301
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Melozzo. Marco Palmezzano.

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einem Cardinal Rovere gestiftet, wie das Wappen beweist). Der kleine
achteckige Raum sollte in triumphbogenartigen Einfassungen Gemälde
aus dem Leben Christi erhalten, von denen aber nur der Einzug in
Jerusalem ausgeführt (oder erhalten) ist. Auf dem gemalten Gesims
sitzen 8 Propheten, in starker Verkürzung gesehen. Die Kuppel dar-
über ist in S Felder getheilt, mit sehr reicher ornamentaler Einrahmung;
vor den schmalen Oeffhungen auf der blauen Luft je ein reiehgewandeter
jugendlicher Engel mit einem Marterinstrumente; darüber ein Cherubim-
kranz und in der Mitte auf reicher Decoration und in geschmackvollem
Eichenkranz das Roverewappen. Architektonischer im Aufbau, ge-
bundener in derBewegung (die schwebenden Engel erscheinen wie em-
porgeschnellt), herber in den Köpfen, überreich in der Gewandung
gegenüber den Fresken aus S Apostoli in Rom ist doch der Meister
derselben in der Plastik seiner Gestalten, in dem grossen naturali-
stischen Streben, in der trefflichen Anordnung, der hellen reichen
Färbung oder dem Helldunkel, das den Einfiuss des Piero noch
stärker verräth, endlich in den reichen und zierlichen Details der
Decoration nicht zu verkennen. Alle diese Eigenschaften sprechen
entschieden gegen den von Cavalcaselle als Verfertiger genannten
Palmezzano, der neben seinem Meister nur als Stümper erscheint.

Was Melozzo in allen diesen Arbeiten von Piero della Francesca
unterscheidet, ist ein hoher Sinn für Schönheit und dramatisches
Leben; seine Gewandung ist reicher und bauschiger: in der Färbung
erreicht er Piero's Helligkeit und sein Helldunkel nicht völlig und
erscheint neben ihm eher grau und etwas schwer im Ton. Er nähert
sich vielfach dem Mantegna ohne dessen Schärfen und Härten. Seine
Tafelbilder sind in Oel gemalt und verrathen einen unmittelbaren
Einfiuss der gleichzeitigen niederländischen Malerei, den wir
zweifellos auf Justus van Gent zurückzuführen haben, mit dem er zu-
sammen in Urbino an der Ausschmückung des Palastes beschäftigt
Avar. Neben der Vervollkommnung seiner Technik fördert dieser Ein-
fiuss offenbar auch seine Anschauung der Natur.

Als Schüler des Melozzo bezeichnet sich sein Landsmann Marco
Palmezzano aus Forli (geb. nach der Aufschrift auf seinem Selbstpor-
trät in der Pinakothek zu Forli wahrscheinlich 1456. bezeichnete
Bilder zwischen 1492 und 1537), ein Künstler von sehr geringer
Begabung. Während seine plastische Bildung Melozzo's Schule
verräth, zeigt die Färbung und Behandlung den Einfiuss der
Schule Bellini's, der nach Melozzo's Tode übermächtig auf ihn ein-
wirkt. Von seinen geistig beschränkten, prosaisch bürgerlichen
Heiligengestalten, welche mit ängstlichem Ausdruck bei einander
stehen, finden sich zahlreiche, zum Theil recht gut 3 Exemplare in
Forli: Altartafeln in den Kirchen und der Pinakothek (besonders
das frühe Abendmahl), tüchtige frühe Fresken in der Kap. Sforza
 
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