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Burckhardt, Jacob
Briefe an einen Architekten: 1870-1889 — München, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.29617#0142
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LONDON

i 17

34.

London, Montag, 25. Aug. 1879, morgens.

St. langte vorgestern um Mittag an, und wir fanden
uns in der National Gallery nicht weit vom Kardinal.
Den Abend verlängerten wir in der Restauration und im
Majolika-Cafe. Gestern war zum Glück einmal schönes
Wetter, so dass wir vormittags viel bummelten und nach-
mittags Hamptoncourt besuchen konnten; abends in Lon-
don wurde mit Pietät in Simpsons Dining-room gegessen.

Mit Ihrem Draussensitzen auf der Schützenmatte und
dem Berichten von heiss und dunstig machen Sie mir
armen Briten das Herz schwer; ich habe hier noch gar
keine Hitze, sondern mehrmals Kälte gelitten.

Zur vollendeten Bramante-Perspektive meinen grossen
Glückwunsch.

Inliegendes ist von Correggio; Merkur, welcher dem
Amörle Schreibstunde geben soll, ist ein rechter Tschienk,
Frau Venus aber vom Schönsten der goldenen Zeit1).

x) Das Bild, von dem Burckhardt dem Adressaten eine Photogra-
phie schickt, befindet sich in der National Gallery. Tschienk bedeutet
in der Basler Mundart einen schlecht auf den Füssen gehenden
oder stehenden Menschen. Bei diesem Merkur Correggios trifft
das nun gar nicht zu, so dass man eher versucht wäre anzuneh-
men, B. habe Tschink schreiben und mit diesem, von dem Cinque
des Morra-Spiels herrührenden Übernamen des italienischen Ar-
beiters in der Schweiz den Merkur des Bildes als eine in seinen
Augen allzu realistische, derbe, fast ordinäre Figur charakterisie-
ren wollen.
 
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