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Burckhardt, Jacob
Briefe an einen Architekten: 1870-1889 — München, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.29617#0194
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BASEL 167

54.

Basel, Donnerstag, 10. März 1881.

Schönen Dank für den so sprechenden Situationsplan
Ihrer neuen Wohnung. Sie fürchten wenigstens nicht wie
Louis XIV. den Blick auf die Gegend von St. Denis; er
ist ja deshalb von St. Germain weggezogen, weil man von
dort den Turm von St. Denis sieht und er nicht an sein
künftiges Begräbnis erinnert sein wollte. Nun werden
wir freilich voraussichtlich nicht in St. Denis begraben
werden und gedenken überhaupt unserer künftigen resp.
Ruhestätten gleichmütiger als jene stolze Perücke der
ihrigen.

Besten Dank für Ihre Teilnahme, weil nun das peso
der öffentlichen Vorlesungen von meinem Nacken ge-
nommen ist. Was mich einigermassen fuxt, ist, dass kaum
einer von meinen HH. Kollegen sich Ambition genug zu-
gelegt hat, um ebenfalls Historisches oder was es sei, frei
vorzutragen, alle lesen iVbhandhmgen vor. Und doch ist
der freie Vortrag keine Hexerei und hängt nicht an mei-
ner Person.

Merkwürdig war’s, dass auf Donato hin in der sechs-
ten Klasse des Gymnasiums das Magnetisieren mehreren
Schülern richtig geriet. Rektor Prof. Fritz Burckhardt
hat die Leute durch ruhige Vorstellungen einstweilen
davon abgebracht. Es ist ein unheimliches Gebiet, aber
leugnen soll man mir’s nicht mehr.

Die idealen Gestalten in der Mitte des Hemicycle ver-
raten in Delaroche den höchsten Takt; wenn er auch
nur etwas mehr hätte geben wollen, so wäre es zuviel
gewesen, weil die Stelle ja im Grunde doch nur die Mitte
 
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