678 CRANACHS D. Ä. ZEICHNUNGEN FÜR BILDWIRKER. L. CRANACH D. J.
erfolgten. Abseits der Kunstbe-
wegung seiner Zeit, in dem kleinen,
von Gelehrten und Wissenschaften
erfüllten Wittenberg, konnte Cra-
nachs Kunst sich nicht vertiefen;
die kraftvoll energische Richtung
seiner Jugend verdorrte. Allein
durch die kaum übersehbare Masse
seiner Werkstattbilder leuchtet uns
doch immer wieder, und sei es nur
in der Schönheit einiger Farben-
töne, das ursprüngliche Genie des
feinsten unter den altdeutschen
Malern, das Wort im Sinne des
Farbentonkünstlers verstanden,
entgegen. Diese unvergeßlichen
Eindrücke — einige graue Feld-
steine, der mattglänzende Schim-
mer eines Frauenleibes durch einen
Schleier hindurch, eine durch-
sichtig klare steingefaßte Quelle,
die Nebeneinanderstellung zweier
Gewandstücke usw. — entschä-
digen uns vollauf für das viele
Schwergenießbare, das aus Cra-
nachs Werkstatt hervorgegangen.
Um die Erforschung des Lebens
und der Kunst Cranachs hat sich in
neuerer Zeit Eduard Flechsig äußerst
verdient gemacht.
Die seltenen Zeichnungen Cranachs in Silberstift und Tuschfeder, vereinzelt mit Kohle, tragen in der
ersten Epoche, bis etwa 1515, einen stark strichelnden malerischen Habitus zur Schau (Abb. 188), die
der späteren Zeit, die noch seltener sind, geben einen mehr gebundenen glatten Strich.
Außer der umfangreichen Tätigkeit auf dem Gebiete der Tafelmalerei hatte Cranach noch häufig
Wandmalereien in den kurfürstlichen Schlössern, in Torgau usw. auszuführen. Ferner lieferte er Kartons
für Bildwirker, so in den Jahren 1545 und 1551. Eine ganze Gruppe sächsischer Bildteppiche, darunter
die des Seeger Bombeck in Leipzig und Weimar, tragen das Gepräge des Cranachschen Stiles (vgL darüber
S. 479 in Bd. II). Namentlich gilt das auch von dem Glanzstück der nordostdeutschen Teppichwirkerei, dem
Croyteppich in der Universität Greifswald mit zahlreichen ganzen Bildnisgestalten pommerscher und säch-
sischer Fürsten von 1551, unter Benutzung Cranachscher Pörträtskizzen. Cranach stand überhaupt in
Fühlung mit den meisten ostdeutschen Fürsten, so dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg, dessen Bild-
nis von Cranachs Hand im Berliner Schloß ist, mit den Herzögen von Mecklenburg, Pommern und Preußen,
den Fürsten von Anhalt usw. Doch ist seine Tätigkeit später mehr eine ausgebreitet beratende geworden.
Zahlreiche Schüler standen ihm zur Ausführung von Aufträgen zu Gebote; bis Lübeck erstreckte sich
Cranachs Schule.
Sein Sohn, Lucas Cranach der Jüngere, der seit etwa 1535 in der Werkstatt des Vaters tätig
war und 1586 in Weimar starb, führte nach des Vaters Tode dessen Atelier unter dem Schlangenzeichen fort.
Eine große Anzahl Wiederholungen, oft flüchtig und fabrikmäßig gemalt, entstanden hier nach des älteren Cra-
nachs Bildern, und erst in den letzten Jahrzehnten hat die kritische Forschung die Hände des alten und des jüngeren
197. Lucas Cranach'd. J.: Ölstudie zum Bildnis Joachims II.
Dresden, Galerie
erfolgten. Abseits der Kunstbe-
wegung seiner Zeit, in dem kleinen,
von Gelehrten und Wissenschaften
erfüllten Wittenberg, konnte Cra-
nachs Kunst sich nicht vertiefen;
die kraftvoll energische Richtung
seiner Jugend verdorrte. Allein
durch die kaum übersehbare Masse
seiner Werkstattbilder leuchtet uns
doch immer wieder, und sei es nur
in der Schönheit einiger Farben-
töne, das ursprüngliche Genie des
feinsten unter den altdeutschen
Malern, das Wort im Sinne des
Farbentonkünstlers verstanden,
entgegen. Diese unvergeßlichen
Eindrücke — einige graue Feld-
steine, der mattglänzende Schim-
mer eines Frauenleibes durch einen
Schleier hindurch, eine durch-
sichtig klare steingefaßte Quelle,
die Nebeneinanderstellung zweier
Gewandstücke usw. — entschä-
digen uns vollauf für das viele
Schwergenießbare, das aus Cra-
nachs Werkstatt hervorgegangen.
Um die Erforschung des Lebens
und der Kunst Cranachs hat sich in
neuerer Zeit Eduard Flechsig äußerst
verdient gemacht.
Die seltenen Zeichnungen Cranachs in Silberstift und Tuschfeder, vereinzelt mit Kohle, tragen in der
ersten Epoche, bis etwa 1515, einen stark strichelnden malerischen Habitus zur Schau (Abb. 188), die
der späteren Zeit, die noch seltener sind, geben einen mehr gebundenen glatten Strich.
Außer der umfangreichen Tätigkeit auf dem Gebiete der Tafelmalerei hatte Cranach noch häufig
Wandmalereien in den kurfürstlichen Schlössern, in Torgau usw. auszuführen. Ferner lieferte er Kartons
für Bildwirker, so in den Jahren 1545 und 1551. Eine ganze Gruppe sächsischer Bildteppiche, darunter
die des Seeger Bombeck in Leipzig und Weimar, tragen das Gepräge des Cranachschen Stiles (vgL darüber
S. 479 in Bd. II). Namentlich gilt das auch von dem Glanzstück der nordostdeutschen Teppichwirkerei, dem
Croyteppich in der Universität Greifswald mit zahlreichen ganzen Bildnisgestalten pommerscher und säch-
sischer Fürsten von 1551, unter Benutzung Cranachscher Pörträtskizzen. Cranach stand überhaupt in
Fühlung mit den meisten ostdeutschen Fürsten, so dem Kurfürsten Joachim von Brandenburg, dessen Bild-
nis von Cranachs Hand im Berliner Schloß ist, mit den Herzögen von Mecklenburg, Pommern und Preußen,
den Fürsten von Anhalt usw. Doch ist seine Tätigkeit später mehr eine ausgebreitet beratende geworden.
Zahlreiche Schüler standen ihm zur Ausführung von Aufträgen zu Gebote; bis Lübeck erstreckte sich
Cranachs Schule.
Sein Sohn, Lucas Cranach der Jüngere, der seit etwa 1535 in der Werkstatt des Vaters tätig
war und 1586 in Weimar starb, führte nach des Vaters Tode dessen Atelier unter dem Schlangenzeichen fort.
Eine große Anzahl Wiederholungen, oft flüchtig und fabrikmäßig gemalt, entstanden hier nach des älteren Cra-
nachs Bildern, und erst in den letzten Jahrzehnten hat die kritische Forschung die Hände des alten und des jüngeren
197. Lucas Cranach'd. J.: Ölstudie zum Bildnis Joachims II.
Dresden, Galerie