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Burger, Fritz; Schmitz, Hermann; Beth, Ignaz; Burger, Fritz [Mitarb.]; Schmitz, Hermann [Mitarb.]; Beth, Ignaz [Mitarb.]; Schmitz, Hermann [Mitarb.]; Beth, Ignaz [Mitarb.]
Die deutsche Malerei vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance (Band 3): Oberdeutschland im 15./16. Jahrhundert — Berlin-Neubabelsberg: Akad.Verl.-Ges. Athenaion, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.61917#0238
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FRÜHRENAISSANCE; KUNSTHANDWERK

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206. Virgil Solis: Soldatenfries. Kupferstich, 1542


von Pencz’ Malereien in Volkamers Lustgarten zeigt bereits die italienische Gattung der
Perspektivmalerei in Nürnberg heimisch. Die kirchliche Malerei tritt in den Hintergrund.
In der Tafelmalerei behauptet nur die Porträtmalerei eine bedeutende Stellung. Barthel
Beham, Pencz, Amberger, Cranach und die sächsischen Meister haben ihr Bestes auf
diesem Gebiete geschaffen. Die Schätzung der Persönlichkeit ist entschieden gestiegen; nach
Dürers und Holbeins Abgang greift allerdings eine äußerliche verflachende, mehr auf Reprä-
sentation ausgehende Auffassung im Bildnis Platz.
Der Kupferstich nach Dürers Tode zeigt am deutlichsten den Umschwung zum völligen
Klassizismus. Barthel und Sebald Behams, Pencz’, Altdorfers Stiche folgen jetzt in Stil
und Technik der Schule Raphaels, dem Marc Anton. Ihre Stoffe nehmen sie mit Vorliebe
aus der Antike.
Um die Mitte des 16. Jhhs., beim Tode Karls V., ist die Umbildung zum klassischen
Stil vollzogen. Neben den Italienern beginnen nun die italienisierenden Niederländer, nament-
lich in Augsburg, einzuwirken. Otto Heinrich, der Pfalzgraf in Neuburg, die bayerischen
Fürsten bestellen große gewirkte Bildteppiche in Brüssel. Das dekorative Element wird auch
in der Wandmalerei tonangebend. Die besten Kräfte beginnen sich von der Tafelmalerei
abzuwenden auf den Kupferstich und Holzschnitt, auf die Zeichnung für das Kunsthandwerk.
Namentlich in Nürnberg beginnt eine rege Produktion von graphischer Kunst. Peter Flötner
schafft hier seine ornamentalen, figürlichen und Möbelholzschnitte, die auf die Tischler und
Goldschmiede Süddeutschlands umwälzend wirken. Eine große Fruchtbarkeit in der Erfindung
von figürlichen und ornamentalen Arbeiten in Holzschnitt und Kupferstich entfaltet um die
Mitte des Jahrhunderts Virgil Solis; er gibt biblische Figuren in Holzschnitt, Wappen,
Jagd- und Soldatenfriese im Stich heraus, seine untersetzten rundlichen Gestalten sind auch
denen Hans Seb. Behams ähnlich (Abb. 206). Die Radierungen Augustin Hirschvogels
und Sebald Lautensacks, in der Mehrzahl Landschaften, verdienen hier ebenfalls genannt
zu werden.
Der Höhepunkt der oberdeutschen Malerei ist mit dem völligen Siege des klassischen
Stiles um 1530 überschritten. In formaler Hinsicht ist ein unleugbarer Fortschritt mit der
Befreiung aus dem Bann der Spätgotik erreicht. Die Figurenzeichnung wird nach einer
festeren naturgemäßeren Norm geübt. Die Holzschnitte Schäufeleins, Baldungs und H. S.
Behams seit dieser Zeit zeigen alle durchgehende Typen, rundliche, mehr . untersetzt pro-
portionierte Figuren, breit auf dem Boden stehend, frei und behaglich in der Bewegung;
klare vertiefte Räume, durch italienische Pilaster und Säulen gegliedert, zeugen von der
wissenschaftlich erkannten Perspektive. Die saubere schraffierende Modellierung sucht die
 
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