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Burger, Fritz; Schmitz, Hermann; Beth, Ignaz; Burger, Fritz [Contr.]; Schmitz, Hermann [Contr.]; Beth, Ignaz [Contr.]; Schmitz, Hermann [Contr.]; Beth, Ignaz [Contr.]
Die deutsche Malerei vom ausgehenden Mittelalter bis zum Ende der Renaissance (Band 3): Oberdeutschland im 15./16. Jahrhundert — Berlin-Neubabelsberg: Akad.Verl.-Ges. Athenaion, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.61917#0128
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DORER: GEMÄLDE IN VENEDIG UND KURZ NACHHER GEMALT


• 110. Dürer: Der deutsche Baumeister. Studie zum Rosen-
kranzbild 1506. Berlin

in der geheimen Perspektive, wie vermutet
wird, beim Mathematiker Luca Pacioli,
unterrichten zu lassen; selbst Lionardos
Proportionsstudien, namentlich hinsicht-
lich des Pferdekörpers scheinen ihn, wenn
auch bloß flüchtig, berührt zu haben.
Nur einzelne kleine Porträts vom Jahre
1507, in Venedig selbst oder kurz nach
der Rückkehr gemalt, zeigen eine den
Venezianern nahekommende, weich ver-
schmelzende und wärmer abgetönte Farbe,
das junge Mädchen und die junge Frau
in der Berliner und der junge Mann in
der Wiener Galerie. Das Selbstbildnis
der Münchner Pinakothek, in Venedig
oder kurz nachher gemalt, gibt den Kopf
ganz en face, den Blick gesammelt und
doch seherisch ins Weite gerichtet, den
Mund schön und beseelt — aus solchem
Munde erwarten wir gütige, edle und
tiefe Worte — die geistvolle Hand den
Pelzkragen des Mantels fassend, kurzum
den gereiften Mann im Vergleich mit dem
festlich aufgeputzten Selbstporträt von
1498 (Bd. 1, Abb. 21). Das in einzelne
Locken geringelte Haar erinnert an Hei-
ligenköpfe Crivellis und Bellinis.
In den ersten Jahren nach der Rück-
kehr aus Venedig streiten sich in Dürers
Schaffen- die klassischen formalen Kunst-

tendenzen, die in Italien neuen Anstoß erhielten, mit dem eingeborenen Gefühl des Künstlers.
Die Bilder von Adam und Eva in Madrid vom Jahre 1507, die ersten großen Aktfiguren der
deutschen Malerei, und die für den Kurfürsten Friedrich den Weisen gemalte Marter der Zehn-
tausend — nach Wölfflin unter Zugrundelegung einer perspektivischen Zeichnung aus dem
Musterbuch des Jean Pelerin (Viator) komponiert — verraten ein Überwiegen des Akademisch-
Formalistischen über die frische Empfindung. Die Proportionsstudien und Messungen wurden
jetzt mit besonderem Eifer betrieben, wie die konstruierten Akte des Dresdener Skizzenbuches
mit den Jahreszahlen von 1509—13 und die Londoner Zeichnungen dartun. In dem Hellerschen
Altar und dem Allerheiligenbild hat Dürer die neugewonnene Formenklarheit nach der
zweiten Venezianer Reise aufs glücklichste in die Tat umgesetzt. Das Mittelbild des Heller-
schen Altares, im Auftrag des reichen Frankfurter Kaufmanns Heller 1507 bis 1509 für
die Predigerkirche in Frankfurt am Main gemalt, die Krönung der Maria durch Gottvater
und Christus in den Wolken darstellend, während auf der Erde die Apostel das Grab der
zum Himmel Gefahrenen mit dem Ausdruck gläubiger Andacht umstehen, ist im Jahre,
1674 verbrannt und nur in alten Kopien erhalten. Die zahlreichen sorgsamen Kopf-, Hand-
 
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