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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 15.1914

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Nr. 8
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Kohlrausch, Robert: Galera
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https://doi.org/10.11588/diglit.32140#0189
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doch nur, um rasch wieder von ihm zu verschwinden und unterzutauchen in ewige Nacht. Wir wissen von
diesem Opser der schönen Vittoria wenig mehr als den Namen. Der junge Mensch hietz Giacomo di Marco-
Marozzi, Galera war seine Heimat. Dort in der stolzen Orsiniburg, in diesen sesten, hohen, jeht vom
Efeu umsponnenen Mauern war er herangewachsen, war Page, Diener des Herzogs geworden und

mit ihm nach Rom gezogen. Dort bewohnte sein Herr den jetzigen Palazzo Pio, der an der Stelle des

alten Pompejus-Theaters erbaut worden ist. In einem der vielen Anbauten des grotzen Theaters wurde
Iulius Caesar von den Verschworenen erstochen; der Mord hatte hier sein Heimatsrecht. And auch jetzt
erhob er wieder seine blutigen Hände. Iu dem Palast gehört gegenwärtig wie damals eine kleine Kirche,
Santa Maria di Grotta-Pinta mit Namen. Hier in dieser Hauskapelle der Orsini wollte der Herzog nach
Aberwindung unzähliger Schwierigkeiten — Verboten der aus ein Verbrechen gegründeten Ehe, Ge-
sangensetzung der Vittoria in

Kloster und Engelsburg — die
Witwe Francesco Perettis an

den Altar führen. Aber vorher
mutzte noch etwas anderes ge-
schehen. Ob die schöne Witwe sich
sür die mangelnden Reize des
setten Herzogs, dem es unmöglich
wac, vor ihr niederzuknien, an
der srischen Iugend Giacomos
entschädigt hatte, man weitz es
nicht sicher. Etwas derart mutz
wohl geschehen sein; denn am
Hochzeitstag durchklang der nach-
hallende Ton von einem Schusse
jäh die Gänge des grotzen Pa-
lastes, und kurz darauf schleppte
man den blutigen Leichnam des
unglücklichen Dieners in die zum
Feste geschmückte kleine Kirche.

Hastig sprach ein Priester ein paar
Gebete, hastig bettete man den Toten in einer eilig aufgerissenen Grust, hastig verschlotz man sie wieder
mit steinerner Platte. Wenige Minuten später bewegte sich der Hochzeitszug des Herzogs über diese
Steinplatte hin zum Altar, um den Ehebund mit Vittoria Accoramboni weihen zu lassen. Am
24. April des Iahres 1585 seierte man diese blutbesleckte Hochzeit.

Es ist ein stilles, verborgenes, geheimnisvolles Drama, das Domenico Gnoli, der trefsliche Biograph
der schönen Vittoria, uns in dieser Geschichte bewahrt hat. And ein Sturz ins Verderben solgte diesmal,
wie sick/s im Drama gehört, unmittelbar aus das Verbrechen. Paolo Orsini hatte die herrscherlose Zeit
eines neuen Konklave nach des bisherigen Papstes Tode für seine Hochzeit ersehen, weil niemand ihm seine
Tat in solchem Augenblick verbieten konnte. Dasür kam blitzgleich in sein Hochzeitsmahl hinein die Kunde
von der Wahl des Kardinals Montalto zum neuen Papste. Der Oheim des Francesco Peretti, des er-
mordeten ersten Gemahls der Vittoria, bestieg als Sixtus V. den päpstlichen Stuhl! Der Herzog von
Orsini sühlte: jetzt war er verloren. Er versuchte sein Heil noch einmal in einer Audienz bei dem neuen
Papst, aber ein Blick des Gewaltigen scheuchte den Schuldigen hinweg. Der Herzog sloh, zunächst nach
Bracciano, dann weiter und weiter nach dem Norden Italiens, bis an das Aser des Gardasees. Dort
hat ein baldiger Tod ihn gesällt; Vittoria hat in Padua kurz daraus ein furchtbares, verdientes
Ende gesunden.

Der Mord an Francesco Peretti, wie der am armen Giacomo di Marco-Marozzi war gesühnt. Aber
des Himmels Fluch hat mit einem schuldigen Geschlechte zugleich auch seine Heimat getrosfen. Das Malaria-
 
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