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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 16.1915

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Nr. 8
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Mielke, Robert: Die Askanierburgen am Werbellin, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.32141#0177

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159

keine bestimmte Weisung erteilt zn haben in der Erwartung, daß durch ein Hinziehen der Wahl seine
eigene Aussicht wachsen würde. Seine Erwartung tras nicht ein; Ludwig von Vayern wurde offenbar
unter Zubilligung Iohanns von Buch gewählt, was den Markgrafen zu dem schon erwähnten
heftigen Vorgehen gegen diesen veranlaßte, ihn in Grimnih unter recht grausamen Amständen eim
kerkerir zu lassen.

In den Negierungsakten von Werbellin kommen diese und andere Matznahmen Waldemars nicht mehr
zum Ausdruck, falls nicht die Arkunden in Verlust geraten sind. Iedenfalls tritt in den letzten Negierungs-
jahren des Markgrafen eine auffallende Abnahme der in Werbellin datierten Arkunden ein. Noch 1315
stellte er hier sechs Urkunden, sein Mündel Iohann,
das 1314 volljührig geworden war, aber schon 1317
starb, vier Arkunden und in Gemeinschaft mit Walde-
mar eine fünfte aus. Dann tritt eine Pause ein, nach
der erst am 9. Februar 1319, kurz vor dem Tode, der
ihn in Bärwalde überraschte, eine Verschreibung zu-
gunsten der Stadt Eberswalde wieder urkundlich nach
Werbellin führt.

Der Geschichtsschreiber muß in erster Linie nur
Tatsachen gelten lassen; wenn er sie aber mit Persön-
lichkeiten, zeitlichen und örtlichen Amständen in Ver-
bindung bringt, dann erkennt er oft hinter den nackten
Tatsachen Kräfte, die jene geschaffen oder geleitet
haben. Bei der Vorliebe Waldemars für Burg Wer-
bellin ist das offenbare Meiden des Ortes während
seiner lehten fünf Fahre doch zu auffallend, als dasz
lnan es mit seinen großen politischen Plänen allein er-
klären könnte. Die Arsachen müssen letzten Dinges in
ihm selbst gesucht werden. Waldemars kraftvolle, kluge
und stolze Persöirlichkeit war voller Widersprüche, die
in seinen letzten Lebensjahren immer schroffer zum
Vorschein kamen. Er verfolgte rastlos viele Pläne,
sprang aber oft, ohne jene aufzugeben, unvermittelt
und nicht ohne bisherige Freunde vor den Kopf zu
stoßen, zu anderen über, die er mit gleicher Leiden-
schaftlichkeit und Rücksichtslosigkeit verfolgte. And der
Erfolg winkte ihm. Ie weiter er aber kam, umsomehr
lastete es ihm auf der Seele, daß er keinen Erben seiner
Taten hatte und wahrscheinlich als letzter seines ruhm-
reichen Geschlechts werde in das Grab steigen müssen.

Elegisch klingt es oft aus seinen letzten Arkunden aus,
wenn er den Verfügungen hinzufügt „so Gott mir
Leibeserben schenkt". Die Ehe mit der Verwandten
Agnes, die zwar von der Kirche gebilligt wurde, die
aber nach der Zeitanschauung sündhaft war, war ohne
Leibeserben geblieben. Wofür lebte und strebte er?

Man kann es verstehen, daß er den Ort mied, der so
eng mit seinen jugendlichen Hoffnungen verknüpft
war, die nun so ganz einseitig, nach der Seite per-
sönlicher Macht, in Crfüllung gegangen waren. And
auch dieZeitgenossen ahnten die Tragik dieses Aürsten-

Abb. 124. Torbogen im Schloßhofe zu Marburg.

Zlus „Alt-Marburg" von Otto Ubbelohbc.
 
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