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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

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Nr. 5
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Schaumberg, Oskar: Ruine Rauenstein in Thüringen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0045

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Während bald darauf das — außer den bereits im frühen Mittelalter genannten Anlagen eines
Hammerwerkes, einer Pech- und einer Potaschenhütte, der sagenreichen Mühle im Theuerner Grunde,
der einst berühmten Wetzsteinbrüche und der alten Gold- und GLlberbergwerke — als solches erst bei
den Brandkatastrophen von 1569 und 1656 genannten Dorf Rauenstein — (im 17. Iahrhundert mit
fünf Mrtschaften zusammen ein eigenes Gericht bildend) — wieder neu emporblühte, blieb die altersgraue
Ruine über Lhm unbeachcet in Trümmern liegen.

Machtig hatte Ln diesem Gemauer der jlulsschlag der alcen Herrschaft geschlagen, das beweist
die Geschichte der Fehden, Turniere, Wallfahrten und Gchenkungen; noch bis 1776 wurden die Abgaben
aus letzteren vom Rloster Banz bezogen. Es beweist dies das hier ausgeübte Münzrecht und der Gold-
reichthum aus den nahen Sergen und Bergwassern, dessen Gpuren noch heute unverkennbar sind, und
von dem die Herrschaft noch im 15. und 16. Iahrhundert zum Theil den Zehnten bezog, zum Dheil ihn
bis 1729 in freier Nutznießung hatte. Rraftvolle Manner, deren ^7amen uns von 1Z52—1729 in
ununterbrochener Reihenfolge überliefert smd, zum Theil nebenbei in hohen amtlichen Gtellen, haben
als Besitzer und Burgvögte den Rauenstein bewohnt, haben hier die Familientage geleitet und die
Documente aufbewahrt, sind jedoch vielfach zur letzten Ruhe in Erbbegrabnisse auf auswartigen Be-
sitzungen überführt worden. In der allgemeinen deutschen Geschichte haben von den hier geborenen
Rriegsmannern nur Rarl von Gchaumberg in den Iahren 1578— 1566 und die Lm ZO jahrigen
Rriege in schwedische Dienste übergetretenen Rauensteiner, von den Geistlichen der Abt Eber-
hard zu Banz (1568—Z5) und der Bischof und Lardinal s)eter zu Augsburg (1525—69) eine
Rolle gespielt.

In der durch letzteren so reichlich bedachten Burgcapelle hatte bis zur Reformation ein eigener
Schloßcaplan die Messe gelesen. Gchon 1528 finden wir jedoch, da die Besitzer, an ihrer Gpitze der
Burgvogt, Sylvester zu Münnerstadt, -Luther brieflich sofort Gchutz und Schirm auf ihren Gchlössern
anboten, bis zur Zerstörung 1656 auf dem Schlosse eine protestantische Gchloßpradicarur unter
Wittenberger geistlicher Leitung und dem Pacronate der Ganerbschaft, deren „Vikarir zum Rauen-
stein Lm Gchloß" wohnte und predigte. Treffliche Manner (gleichzeitige „Praceptoren" auf Rauenstein),
deren V7amen und Unerschrockenheit uns erhalten, haben hier bis zur Ratastrophe von 1656
ihres Amtes gewaltet, an derselben Gtätte, wo noch ihre Nachfolger stehen. Bis 1861 waren
sodann RLrchlein und Dorf als Filiale nach Schalkau gepfarrt und haben erst seit 1892 einen eigenen
Seelsorger.

Wohl hatte der letzte Besitzer mit rastlosem Eifer versucht, durch die industrielle Anlage einer
Glashütte (Sigmundsburg) und durch Wiederbelebung der Goldbergwerke sowie der Marmor und Wetz-
steinbrüche bei Rauenstein dem Grte und seinem Eigenthum neuen Aufschwung zu geben, Lhm selbst
und seinen Vorfahren hatten die Reformationsunruhen und -Gpaltungen und dann der Z 6 jährige Rrieg
jedoch zu schwere materielle Wunden geschlagen; der Bestand der weiten herrlichen Waldungen war damals
nahezu werthlos. Unten im Dorfe, am Luße der Ruine, waren bei dem Brande und der Plünderung
von 1656 nur die leeren Fruchtböden stehen geblieben, und daneben wurde erst ein hölzerner, 1696
ein schöner, stattlicher und massiver Gchloßbau („Das neue Schloß" oder „Herrenhaus") aufgeführt.
Auch das alte Brauhaus, die Pechbrennerei und die große Gchäferei waren bald wieder im
Becriebe.

Während nun unter der neuen Herrschaft, im Besonderen durch die 178Z in dem unceren Gchlosse
gegründece, 1785 mit diesem in Privatbesitz übergegangene und 18Z8 mit dem bisherigen (— seit 176Z)
Meiningen schenRammerguteRauenstein vereinigte große Porzellanfabrik und durch den zunehmenden Werth
der Waldungen das Dorf wieder schnell emporblühte, beschleunigten Pietätlosigkeit und Eigennutz durch
Verwendung der Gteine zu Straßen- und Hausbaucen den Verfall der Ruine, welcher der Mrt seine
Entstehung verdankt.

Es war die höchste Zeit, daß die Sorge der Mbrigkeü und das Inceresse der jetzigen Generacion
die Reste wenigstens noch ehrten, schützten und erhielten. Dank einer hochherzigen Regierung, des
eifrigen Gtrebens des noch jungen Rauensteiner Vereins zur Erhaltung der alt-ehrwürdigen Ruine und
der thackräftigen, schnellen Uncerstützung der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen ist es gelungen,
wieder eins der vielen Denkmale und Zeugen unserer deucschen Geschichte und Lultur vor völligem
 
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