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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

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Nr. 9
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Krollmann, Christian: Die Moritzburg zu Halle a.d. Saale
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https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0090

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86

daß kein Dach sichtbar ist und der Abschluß nach oben künstlich ruinenßafc angelegt ist, was nrir den
schön verglasten Fenstern rc. sehr wenig ßarmonirt. Andererseics ist u. a. der Lhorabschluß der Rapelle
nach außen, sehr echt und stimmungsvoll wiederhergestellt.

WLr haben nun bereics mehrfach berichtet, daß die Stadr Halle mrc dem Gedanken umgeht,
auch ihren Theil praktischeir Zwecken nutzbar zu machen. Einige MLttel zu diesem Zwecke sind vor-
handen, weitere sollten durch eine Eotterie aufgebracht werden. -Letzterer s)lan hac sich zerschlagen.
Nian hac sich daher entschlofsen, zunachst nur die südlichen Baulichkeiten wieder herzustellen. Da diese
noch ziemlich erhalten und unter Dach sind, darf man auch erwarcen, daß unter Heranziehung aller,
fur eine sachgemaße Wiederherstellung nothwendigen urkundlichen und örtlichen Grundlagen etwas
geschaffen wird, das sich mit den Grundsätzen der Denkmalspfiege vereinigen laßt.

Indeffen, die Absicht, auch den Westbau auszubauen, sobald nur die Mittel beschafft werden
können, ist noch nichc aufgegeben. Dabei verfolgt man nun, wie wir aus Zeitungsnotizen enmehmen,
eine Idee, die uns nicht gerade sehr glücklich zu sein scheint. Bei dem inneren Ausbau des Westflügels

soll namlich im
oberen Geschosse,
welches ehemals
die fensterreichen
nach der Saale
hinausblickenden
Festraume des
Schlosses enthielt
(siehe Abb. 4-), ein
Oberlich tsaal
für eine stadtische
BildergaUerie
eingerichtet wer-
den. Damuß man
sich doch fragen,
wo bleiben dann
die Fenster? Wo
bleibt das Dach?
Soll auch dieser

Abb. 5. Moeitzburg. Ostansichr.

hervorragendste
Theil der ganzen
AnlageseinenAb-
schluß nach oben
durch pseudo-
ruinenhaftes
N7auerwerk er-
halcen, wie der
^lordfiügel? Das
würde gewiß
keinen Fortschritt
gegenüber dem
jetzigen Zustande
bedeucen. Wir
glauben über-
haupt nicht, daß
ein moderner
Gberlichtsaalsich
mit dem Lharak-

cer eines mittelalterlichen Bauwerkes vercragt. Diese Art Glaskasten sind erst eine Errungenschaft des
16. Iahrhundercs. Wenn man in Halle meint, daß man für eine Bildersammlung durchaus einen
Gberlichtsaal haben muß, so möge man dafür gecrost ein neues, modernes Gebaude bauen und un-
echtes Llickwerk lieber vermeiden.

Aber wir erlauben uns die ketzerische Frage: Muß denn eine Gemaldesammlung überhaupt in
Gberlichtsalen uncergebracht werden? Modern ist das zwar, aber nochwendig? Wir glauben kaum!
Unsere Altvordern, die sich so guc auf das Malen verstanden und im decorativen Schmuck der öffent-
lichen Bauten uns so weit überlegen waren, hatten auch keine Gberlichtsale und freucen sich ihrer
Runst doch. Man braucht nur die Runstwerke, besonders die Gemalde, ecwas weniger zu haufen,
dann wird man sie mic Leichtigkeit auch in seitlich beleuchteten Raumen uncerbringen können. Der
Genuß der Betrachtung wird nur dadurch wachsen, wenn man nicht genöthigt ist, Ln den Gallerie-
raumen unendliche bunte Llachen jedesmal erst in einzelne Theile aufzulösen, ehe man einen Gegen-
stand ernstlich ins Auge fassen kann. Unsere modernen Gberlichtsale sind im Grunde genommen die
reinen Genußmörder mit der Massenhaftigkeit ihrer Darbiecungen. Dazu kommc noch, daß unsere
alten Bilderschatze gar nicht für Oberlicht gemalt sind und auch einzeln Ln Zimmerbeleuchtung gewiß
eher gewinnen, als verlieren. Will man daher die Moritzburg für eine Gemaldesammlung ausbauen,
so ist an sich dagegen nichtö einzuwenden; eine geschickce Innentheilung (unter -Berücksichtigung des
ursprünglichen Zustandes!) wird aber auch ohne Mberlichtsaal Gelegenheit genug bieten, eine schöne
Sammlung so uncerzubringen, daß man sich ihrer erfreuen kann.

L. Nrollmann.
 
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