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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 27.1926

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Nr. 5/6
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Jacob, Bruno: Die Stadt als Großburg: Wolfhagen, Wüstung Landsberg und Zierenberg in Niederhessen
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Nachruf Daniel Huß
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Burgenschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.35077#0110
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Die Kirche ward 1430 erbaut — damals auch ward diese Inschrift eingemeißelt —, aber sie gibt die Baugeschichte
der Stadt trefflich wieder, die auch fünfzig Jahre hinter Erdwällen stand, ehe der Wohlstand der Bürger die Schaffung
der Mauer ermöglichte.
Vorgelagert, besonders nach Norden hin, von wo die Einfalle aus Westfalen möglich waren — da sich ja doch
Volkmarsen und die Kugelburg sowie das bis 1464 Paderbornische Liebenau an der Diemel in bedrohlicher Nähe
befanden —, waren Warten, deren eine das Tal der Warme etwa 20 Minuten unterhalb der Stadt auf einem nach
Norden steil abfallenden Hügel völlig beherrscht. Auch die ein Jahr nach der Erbauung der Stadt erworbene Scharten-
burg kann man als eine Art Vorwerk ansprechen, eine Burg hat Zierenburg nie besessen. —- Dicht vor der Nord-
front der Stadt bildet ein tief eingerissenes Bachbett einen natürlichen Graben vor dem mauergekrönten Stadthügel.
Wolfhagen hat heute als Kreisstadt einige verwaltungstechnische Bedeutung, aber wirtschaftlich ist diese Stadt
ebensowenig wie Zierenburg mehr nur ein Brennpunkt für die allernächste Umgebung. Die Städte erwuchsen als
Großburgen uuter ganz fest umrissenen Voraussetzungen der politischen Geographie jener Tage, — und wenn auch
heute das Wehrkleid von einst, das diesen Städten bei ihrer Entstehung und ihrem Werden zwingend notwendig war,
bis auf wenige Reste fiel, wenn ihre einst weittragende Bedeutung für des Landes Sicherheit sank, so darf man doch
nicht übersehen, daß sie damals,im 13.Jahrhundert, die Aufgabe hatten, den Burgsitz des Adels abzulösen,
als landesherrliche, der Landesverteidigung gewidmete Schöpfungen zu erstehen gleich jener Wüstung, deren Wälle
heute im Walde träumen und uns das Bild vermitteln von einer Stadt, die unterging, ehe noch sie die erste Entwicklungs-
stufe ihres Werdens überschritt.
Bruno Jacob, Volkswirt R. D. V., Kassel.

Nachruf
Am September 1926 starb in Schwerin unerwartet unser Mitglied, der Hospianofortefabrikant Herr


Der Verblichene, in weiten Kreisen der Vereinigung bekannt, wo er viele Freunde besaß, war ein reger Förderer unserer
Bestrebungen. Durch sein großes Organisationstalent, verbunden mit ungewöhnlicher Arbeitsenergie, hat er es verstanden,
den ihm im Fahre 1896 anvertrauten Betrieb der Klavierfabrik Gebr. perzina, den im Fahre 1904 ein Riesenbrand zu
vernichten drohte, in der Frist zweier Fahrzehnte zur bedeutendsten Klavierfabrik Zlorddeutschlands emporzuarbeiten.
Während zweier Jahrzehnte war er auch Mitglied unserer Vereinigung und nahm vor dem Krieg an den Burgensahrten
teil. Auch in den schweren Zeilen des Krieges und der Inflation blieb er der Vereinigung treu. Dem Ruf zur ersten
Burgenfahrt nach dein Kriege — 1924 durchs schöne Frankenland — folgte er mit frischer Begeisterung und nahm bis zuletzt an
den Veranstaltungen der Vereinigung regsten Anteil. Sein Andenken werden wir in Ehren halten.
Der Vorstand der Vereinigung zur Erhaltung deutscher Burgen
Bodo Ebhardt, 1. Vorsitzender,
v. Glasenapp, 2. Vorsitzender, v. Brüning, v. Dirksen, v. Grimm, Schöttle, Sieveking, Wiegand

Burgenschau.

Die Marksburg im Jahre 1926.
Die Marksburg wurde im Jahre 1926 von rund 38 600 Personen
besucht, was gegen das Jahr 1925 einen Zuwachs von ungefähr 7000
Besuchern ausmacht. Die Steigerung des Verkehrs wäre wohl noch
erheblich größer gewesen, wenn nicht die Monate Mai und Juni mit
ihrem regnerischen Wetter nachteilig ans den Besuch eingewirkt hätten.
Durch ein Abkommen, das die Vereinigung zur Erhaltung deut-
scher Burgen mit dem Hofantiquar Kahlert (Berlin) getroffen hat, ist
der Burg eine Anzahl alter Möbel, Waffen und sonstiger Altertümer
leihweise überlassen worden, durch deren Aufstellung die Jnnenräume
der Burg erheblich gewonnen haben. Immerhin könnte hier noch
viel geschehen, und die Marksburg-Verwaltung würde es mit Freude
und Dank begrüßen, wenn ihr zur Ausschmückung der Nittersäle

vielleicht seitens der schloßgesessenen Mitglieder der Vereinigung
Hirsch- bzw. Rehdecken, Keilerschwarten oder vielleicht einige Ge-
weihe überlassen würden. Sehr erwünscht wären Abwurfstangen,
die sich sicherlich auf den Gütern mit Rotwildbestand auf Böden und
Kammern vorfinden.
Während des Winters wurden die hier aufgestellten Rüstungen
der Gimbelschen Waffensammlung einer gründlichen Instandsetzung
unterzogen.
Durch unser Mitglied Herrn Verlagsbuchhändler Bonnes und
seine Gattin wurde der Burg eine schwarzweißrote Fahne gestiftet,
die zum erstenmal am Geburtstage unseres Reichspräsidenten auf
dem Bergfried gehißt wurde. Möge die Zeit nicht mehr fern sein,
in der die alten stolzen Farben über dem von fremder Zwing-
herrschaft befreiten Rheinstrome wehen. H. I. Grnenebe r g.
 
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