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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 34.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.35023#0051
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Die Ausstattung mit Abbildungen wird freilich der Bedeutung
des Gegenstandes nicht gerecht, das ist aber wohl nicht Schuld
Maders. Der Druck eines Planes auf das lose Umschlagpapier ist
denkbar unzweckmäßig. — Die Steinmetzzeichentafel ist höchst wert-
voll. — Der Verfasser hat nur einen Teil seiner Forschungen
hier niedergelegt, sein großer Fleiß verdient ganz besondere An-
erkennung. — Möge ihm Gelegenheit gegeben werden, seine Ar-
beiten in größerem Maßstabe sortzusetzen und mit reicherem Bild-
material auszustatten. Der Anerkennung der Fachleute kann er
gewiß sein. B. E.
Tic Burg im Wandel der Weltgeschichte. Von Geh. Reg.-Rat
Prof. vr. Karl Schuchhardt. 350 S., 385 Abb., 15 Tafeln.
Preis 27 bzw. 30 RM.
Die umfangreiche Arbeit Schuchhardts behandelt „die Burg",
in sehr weitem Sinne genommen, in ihrer Entwicklung von der
vorgeschichtlichen Zeit bis zum 16. Jahrhundert. Ausgehend von
den Bauten der Ägypter, von Syriern und Palestina, von den
Bauten der Hettiter und Babylons, gelangt Schuchhardt in 6 Ab-
schnitten bis zur Zeit der Römer. Er betrachtet sowohl die Wehr-
bauten der Steinzeit Nord- und Westeuropas, der Frühzeit des
Mittelmeers, Griechenlands und Italiens, Nord- und Westeuropas
von 800 v. Ehr. bis Christi Geburt, endlich die spätere Baukunst
der Römer.
Zur Bearbeitung dieses umfangreichen Gebietes bringt Schuch-
hardt eine Fülle von Wissen und Erfahrung mit. Diese Erfahrung
ist begründet auf eigene Ausgrabungstätigkeit und auf seine Reise-
ergebnisse aus Rumänien, Pergamon und dem Innern Klein-
asiens,- auf seine Studien in Athen. Später folgten seine landes-
geschichtlichen Forschungen in Niedersachsen, auf der Heisterburg im
Deister, auf der Wittekindsburg bei Osnabrück und beim Römer-
Kastell bei Haltern. Eine große Beherrschung des gesamten Schrift-
werkes kommt hinzu.
Der Verfasser streckt allerdings den Begriff „Burg" sehr weit,
indem er versucht, den Burgenbau z. B. in Nord- und Westeuropa
schon im 3. Jahrtausend v. Ehr. beginnen zu lassen. Nicht nur zeit-
lich dehnt er so die Grenzen seiner Betrachtung aus, auch sachlich
insofern, als er alt-orientalische Paläste, z. B. Nebukadnezars,
ebenso Tempel und Grabbauten, wie die sardinischen Nuragen, in
der Reihe der Burgen behandelt.
196 Seiten widmet Schuchhardt der vorgeschichtlichen Burgen-
zeit, den Burgen und Palästen des Altertums und des frühen
Mittelalters, und bietet dazu mehr als 170 Abb., zusammengetragen
aus den Veröffentlichungen früherer Forscher, wie Wiegand, Dörp-
feld, Bonnet, Schuhmacher, Koldewey, Borchardt und aus einer
Fülle von ausländischen Werken.
Der Leser fühlt, daß hier die eigentliche Arbeitsstätte und eine
hervorragende Sachkenntnis die Grundlage der Ausführung bildet,
daß der Verfasser auf eigenem umfangreichem Wissen aufbaut.
So erwächst ihm ein abgerundetes Bild des Befestigungswesens
der Vorgeschichte und des Altertums. Zugleich ein Bild der Kultur-
zustände jener Frühzeiten, von deren baulichen Leistungen Schuch-
hardt sehr willkürlich alle späteren Werke, u. a. auch den deutschen
Burgenbau, ableitet.
Die Überleitung von diesen vorgeschichtlichen Werken und den
Bauten des Altertums zu dem 2. Buch seiner Forschungen zum
Mittelalter bildet das 6. Kapitel, das er überschreibt: „Die Römer".
Sehr treffend weist Schuchhardt darauf hin, daß die Römer nicht
nur Vorbilder und Erzieher der Völker gewesen seien, wie unsere
Humanisten so oft betonen; sondern daß sie vielmehr an den ver-
schiedenen Grenzen ihres Kulturkreises auch im Wehrbau von den
gegnerischen Völkern lernten. So sieht Schuchhardt in den großen
Landwehren, z. B. dem deutschen Limes und den ähnlichen eng-
lischen, und den Anlagen an der unteren Donau Nachbildung orts-
üblicher Wehrbauten, also germanischer Gedanken. Wie auch an-
dererseits für die Einzelbefestigungen die Römer das Wort Burgus
übernahmen.
Schuchhardt verfolgt dann die Fortentwicklung der römischen
Leistungen durch die der arabischen Eroberer des 5. bis 8. Jahr-
hunderts und der römischen Bauten auf germanischem Boden,
wobei er freilich die befestigten Landsitze der Römer und so streng
antike Bauten, wie den Burgus in der Harlach bei Weißenburg
in Bayern, als Übergang zum deutschen Burgenbau heranzieht,

Werke, die ihrer völlig landfremden Form halber durchaus das
Gegenteil germanischer Bauten darstellen.
Das 2. Buch überschreibt Schuchhardt mit dem Hauptkennwort
„Mittelalter". Unterteilung werden bezeichnet: „Die Germanen",
d. h. Sachsen, Franken und Normanen, dann die Frühburgen des
10. und 11. Jahrhunderts, es folgen die Ritterburgen der Blüte-
zeit in Deutschland, 11. bis 13. Jahrhundert, dann die Ausbreitung
des fränkisch-normannischen Militärstils. Unklar ist die Bezeichnung
„Die Burgen in wachsender Wehr und Würde". Endlich „Das Ende
des Burgenbaues" (Kirchenburgen).
Auch hier beginnt der Verfasser zunächst mit der Darstellung von
Wehrbauten, die nicht zu den eigentlichen Burgen zu rechnen sind,
sondern teils Volksburgen, teils Kaiserpfalzen, teils Rundwälle ge-
nannt werden.
Bis zum 10. Jahrhundert sieht Schuchhardt nur solche Anlagen
entstehen, er zieht zur Begründung seiner Ausführung sowohl das
Beowulslied wie den Heliand und das Nibelungenlied, heran. Er-
wähnt auch im nächsten Abschnitt den Erlaß Karl des Kahlen, der
schon im Jahre 864 das alleinige Recht des Burgenbaues für den
Kaiser bzw. für den König in Anspruch nimmt. Ebenso den späte-
ren Erlaß Ludwig des Stammlers, der dem Adel das Recht des
Burgenbaues wieder gibt.
Besonderen Wert legt Schuchhardt auf eine Trennung des
germanischen Burgenbaues in einen fränkischen und sächsischen Kreis
und versucht auch diese Gliederung für den ganzen Burgenbau
des Mittelalters durchzuführen. Bei keiner Kunstübung aber ist es
so bedenklich, allgemeine Regeln aufzustellen wie beim Burgenbau.
Stark beeinflußt ist auch die Beurteilung des gesamten euro-
päischen Burgenbaues des Mittelalters durch die Neigung Schuch-
hardts, den Burgenbau doch, trotz oben erwähnter anderer Meinung,
aus römischen Überlieferungen hervorwachsen zu lassen. Während
er sonst die große Bedeutung germanischer Kunstübung und Volks-
gewohnheiten durchaus hoch bewertet, auch die indogermanische
Wanderung als einen Zug germanischer Rassen von Deutschland
ausgehen läßt und dann durch Galizien, Rumänien bis Griechenland
und quer durch Osteuropa über Kaukasus bis Persien und nach In-
dien leitet, wird er gerade dem Hauptgrund der eigenartigen Ge-
staltung der germanischen Burgen nicht gerecht. Nämlich ihrem
grundlegenden Unterschied von allen Bolksburgen, von den Burgen
asiatischer Gewaltherrscher, von den Kasernen und Feldlagern römi-
scher Heerführer. ,
Was die Burg der germanischen Edelinge in allen
TeilenEuropas kennzeichnet, ist ihre Gestaltung als fester
Familiensitz, als verhältnismäßig kleine Anlage, die dem
freien Manne zur Sicherung seiner Rasse und seiner
Familie und seiner Unabhängigkeit diente. Es ist das Be-
streben und die Übung, an Stelle der breitgelagerten Bauten der
Römer, an Stelle der formlosen Wallburgen hochragende Bauten
zu errichten, die ganz anderen Zwecken diente als die festen Paläste
der Orientalen oder die kleinen Wachtürme der Römer.
Gegenüber den umfangreichen vorgeschichtlichen und frühen
orientalischen und griechisch-römischen Beispielen einer Bautätigkeit,
die mit dem Burgenbau weniger als mitdemStädtebau
zn tun hat, kommt überhaupt der eigentliche mittelalterliche Bur-
genbau zu kurz. Was darüber an Beispielen meist aus älteren Wer-
ken gebracht wird, bietet wenig Überzeugendes.
Wie schon erwähnt, erscheint uns die Einteilung nach fränkischen
und sächsischen Burgen willkürlich und unbeweisbar.
Die Ausstattung des Buches mit Abbildungen ist eine sehr reiche
und, was bei der Vielseitigkeit des Stoffes nicht wundernehmen
kann, auch eine sehr ungleichwertige. Auch hier überragt der 1. Teil
das Altertum, die späteren Beigaben des 2. Buches, das Mittel-
alter, erheblich.
Abb. 334, Burg Wildenstein, ist eine schlechte Nachahmung der
phantastischen Darstellung Daniel Speckles. Darstellungen, wie
z. B. die von Caumont, sind so ungenau und dilettantisch wie die
meisten Piperschen oder die von Näher. Bilder, wie Abbildung
Nr. 185, Beaugency, oder 188, Loches, sind direkt falsch und dürften
heute nicht mehr verwendet werden.
Die Ausführungen zu den italienischen Burgen sind ebenso ab-
zulehnen. Der Burgenbau in Italien ist nicht nur in den Gleisen
der Normannen und Hohenstaufen geblieben, sondern durch die ver-
schiedensten Einflüsse germanisch-deutscher, spanischer, sarazenischer
 
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