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Friederichs, Karl
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 21): Apollon mit dem Lamm — Berlin, 1861

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https://doi.org/10.11588/diglit.704#0005
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Schulter macht den Apollo zum Hirtenapollo, zum Apollo Nomios, ein Gott, der un-
ter verschiedenen Namen an vielen Orten Griechenlands verehrt wurde.3)

Es ist aber auch diese Figur ihrem Gedanken nach eine durchaus alterthümliche.
Denn das ist ein durchgreifender Unterschied in den Göttertypen des alten und ent-
wickelten Stils, dass dort das Verhältniss des Thieres zum Gott, der es schützt und
hegt, weit inniger und traulicher ist als hier. Zwar dass die Gottheit ihr Thier auf
der ausgestreckten Hand trägt, das findet sich auch im entwickelten Stil der Kunst,
so sehen wir den Zeus seinen Adler, den Poseidon seinen Delphin, die Pallas ihre
Eule tragen, aber gerade die traulichsten und gemüthlichsten Motive, dass der Gott
das Thier an seine Brust drückt4), oder dass er es an der Hand neben sich führt
wie ein liebes Kind, oder endlich, dass er es wie in unserer Figur auf seiner Schul-
ter trägt, das alles sind Motive, die der alterthümlichen Kunst specifisch eigentüm-
lich sind. Im spätem Stil ist das Thier meist ein mehr gleichgültiger Begleiter des
Gottes, es befindet sich neben ihm auf dem Boden, ohne dass sich eine besondere
Aufmerksamkeit und gemüthliche Sorgfalt des Gottes für sein Thier zu erkennen gäbe.
Betrachten wir uns die Beispiele, so treffen wir immer weiter rückwärts gehend
zuletzt auf orientalische Vorbilder, die in etruscischer wie altgriechischer Kunst nach-
geahmt wurden. Gottheiten, Thiere an den Pfoten oder Schwänzen oder Hälsen
fassend, wie sie auf orientalischen Denkmälern vorkommen, haben ihre genau ent-
sprechenden Seitenstücke in altgriechischen, sowohl plastischen als malerischen
Werken.5) Nur tritt bald in dem, was ursprünglich reflexionslos nachgeahmt wurde,
die hellenische Umbildung zu zartem und feinern Schöpfungen ein. Denn verglei-
chen wir nur, wie z. B. Artemis auf archaischen oder archaisirenden — was in die-

3) Vgl. Welcker Götterl. I, 485 f. — In Tölken's Leitfaden für die Sammlung antiker Metall-
arbeiten n. 35 ist die Bronze aufgeführt unter der Benennung „Apollo als Hirt, ein Lamm auf den
Schultern tragend". Sie scheint danach etwas anders aufgefasst zu sein, nämlich etwa als der bei
Admet dienende Apoll. Für meine Auffassung scheint mir die Analogie mit Typen wie dem Hermes
Eriophoros entscheidend.

4) Wie Apoll seinen Greif in der archaisirenden Statue der Villa Borghese Clarac pl. 480, 922
und ähnlich der Apoll im Museum Chiaramonti Clarac pl. 483, 931. Dann vergleiche man den Hermes
auf der Sosiasschaale. Auch der Hermes des Onatas ö ioc xmöv <f(Q(av inö ijj uaayäkrj (Paus. 5,
27, 8) scheint sein Thier noch in alterthümlicher Weise getragen zu haben. Das Motiv findet sich
wieder in der von Conze Annali 1858 Tav. d'agg. 0 publicirten Terrakotta, die Welcker Gr. Götterl.
II, 439 Anm. 19 für eine Nachbildung der Statue des Onatas ansieht, wogegen Conze p. 349 wie mir
scheint sehr richtige Bemerkungen vorbringt.

5) Vgl. die Zusammenstellung in Müller's Denkra. I, 57 und besonders in d. archaeol. Ztg. 1854.
Taf. 61-64.
 
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