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Hübner, Emil
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 26): Relief eines römischen Kriegers im Museum zu Berlin — Berlin, 1866

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https://doi.org/10.11588/diglit.709#0018
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18

Diese Beobachtung von dem constanten Fehlen des Helms auf Grabsteinen ist
übrigens auch für die Deutung einer anderen Klasse von Denkmälern negativ zu
verwenden. Im Norden von England besonders häufig, aber wahrscheinlich auch
in anderen Provinzen, finden sich Darstellungen eines stehenden Kriegers im Har-
nisch mit Speer und Schild und mit dem Helm, den meistens ein Federbusch
krönt. Diese Vorstellungen pflegt man für Bilder römischer Soldaten zu erklären,
wovor schon ihre nicht seltene Zusammenstellung mit der Victoria und anderen
Gottheiten hätte bewahren sollen. Der nie fehlende Helm und die ganze Haltung
machen es unzweifelhaft, dass in diesen Vorstellungen überall nicht menschliche Krie-
ger gemeint sind, sondern der kriegerische Gott Mars Victor.

Es bliebe uns endlich die Frage noch zu beantworten, welche mancher ungeduldige
Leser vielleicht schon im stillen aufgeworfen hat: nämlich was denn nun für eine
Gattung von Kriegern in unserem Relief dargestellt sei, ob ein Legionär oder ein
Bundesgenoss, ferner welche Klasse und Charge gemeint sei. Wir müssen uns
ausser Stande erklären, die verzeihliche Ungeduld solcher Leser zu befriedigen. Wir
können nur soviel mit Bestimmtheit sagen, dass ein Infanterist und kein Reiter,
und ferner mit Wahrscheinlichkeit, dass ein Legionär mit römischem Bürgerrechte
(oder ein Soldat aus einem der rechtlich gleichstehenden Contingente, wie z. B.
der italischen Freiwilligen), allenfalls ein Bundesgenoss mit latinischem Rechte,
nicht aber ein Socius peregrinen Standes hier vorgestellt ist; weil alle charakteri-
stischen Merkmale der fremden Tracht und Bewaffnung fehlen. Aber auch diess
ist nur eine Wahrscheinlichkeit: wir wissen keineswegs, ob es nicht vielleicht schon
im Laufe des ersten Jahrhunderts die Corps der peregrinen Socii den eigentlichen
Bürgertruppen an Tracht und Bewaffnung vollkommen oder beinahe gleich gethan
haben. Noch fehlt es ganz, für die uns hier angehende spätere Zeit, an einer durch-
greifenden Untersuchung über die dabei in Betracht kommenden unterscheidenden
Kriterien. Die im Verlauf dieser Abhandlung angeführten Denkmäler bieten ein
unverächtliches Material dafür, welches durch das hier zuerst publicierte Denkmal
in erwünschter Weise vermehrt wird; und unsere Abhandlung, welche nur eine Be-
sehreibung desselben, nicht eine erschöpfende Erklärung zu geben beansprucht,
wird hoffentlich wenigstens dazu den Anstoss geben, dass aus den Schätzen der loca-
len Sammlungen in allen Provinzen des römischen Reiches die Denkmäler dieser Klasse
hervorgezogen und der wissenschaftlichen Benutzung zugänglich gemacht werden.

E. Hübner.
 
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