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Adler, Friedrich
Programm zum Winckelmannsfeste der Archäologischen Gesellschaft zu Berlin (Band 34): Die Stoa des Königs Attalos zu Athen — Berlin, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.717#0002
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In dem nordwestlichen Theile der Unterstadt von Athen
zwischen dem Theseion und der Pyle der Agora, etwa
230 M. von jenem und 130 M. von dieser entfernt, steht
eine Kuine, deren Hauptrichtung von N. nach S. läuft. Mit
ihren dunkelgefärbten Quaderreihen und thurmartigen Vor-
sprüngen die hier belegenen niedrigen Häuser überragend,
hat sie seit langer Zeit die Aufmerksamkeit der Kunstforscher
und Reisenden auf sich gezogen.

In unvollkommener Weise ist sie schon auf dem älte-
sten Plane von Athen, dem sogenannten der Capuciner
um 1670 angedeutet, wenn anders die rechts vom Theseion
belegene Ruine damit gemeint ist.J) Auf dem von Unrichtig-
keiten wimmelnden und theilweis ganz fingirten Plane des
Guillet von 1672 ist dieselbe Planstelle dem Tempel des
Mars (Nr. 74) zugesprochen worden, während der Autor
unmittelbar darüber und zwar offenbar, um ein Excerpt des
Athenaeus zu verwerthen, unter Nr. 56 eine Portique
d'Attalus verzeichnet.2)

Etwas später haben Spon wie Wheeler von der
Ruine Kenntnifs genommen. Der erstere berührt sie flüchtig
mit der Meldung, dafs südwestlich vom Tempel des olym-
pischen Jupiter d. h. von dem Bauwerk, welches jetzt als
Hadrian's Gymnasium gilt, „ ein grofses breites altes und
sehr hohes Gemäuer läge" und tauft sie Serapeion. Der
zweite giebt die werthvollere und von schärferer Beobach-
tung zeugende Nachricht,3) dafs nordostwärts vom Theseion
sich „das Frontispiz eines sehr alten Tempels befände,
aus Steinen von tief dunkelbrauner Farbe" errichtet. Er
nennt das Gebäude Castor- und Pollux- Tempel.

In Stuart's Zeit wird bei gleicher Hervorhebung der
Reste eines Giebelfeldes die Ruine als das Gymna-
sium des Ptolemaios bezeichnet; und zwar nachdem eine hier
gefundene Inschrift des Ptolemaios an die Erwähnungen
jenes Gymnasiums bei Plutarch und Pausanias wieder
erinnert hatte. Stuart verdanken wir die weitere Angabe)
dafs die Mauern in pseudisodomer Struktur hergestellt wären.4)
Er war auch der Erste, der in seinem Plane der Alter-
thümer von Athen6) die Lage des Ruinenfeldes gegen The-
seion, Hadriansgymnasium, Areopag und Burg mit einer
anerkennenswerthen Genauigkeit zu fixiren wufste. Freilich
ist der von ihm gezeichnete Umfang des damaligen Mauer-
ringes zu grofs gerathen, doch wäre es Unrecht den Autor
deshalb hart zu tadeln, da nicht vergessen werden darf,
dafs jene Ruine schon damals mit türkischen Häusern dicht

umbaut ja überbaut war, und alle Reisenden bis zum Freiheits-
kriege hin über die Schwierigkeit, an diesem Platze For-
schungen anzustellen, klagen.

Der Plan bei Chandler,6) im Wesentlichen Stuart's
Angaben nach Lage und Gröfse der Ruinenstätte wieder-
holend, giebt ebenfalls ein kolossales Oblong mit zwei Risa-
liten nach Westen. Der Herausgeber sieht darin die Reste
des Ptolemaion. Pomardi's') Plan von 1802 erscheint
bezüglich des Umfanges vorsichtiger bemessen, liefert aber
sonst nichts Neues.

Einen gröfseren Werth besitzen die beiden Veduten
des nördlichen und Haupttheils vom Ruinenfelde, welche dem
trefflichen Dodwell verdankt werden. Die erste kleinere
von Pomardi correkt gezeichnete Abbildung8) liefert den
Thatbestand der Ruine um 1802 in einer von Südwest
gesehenen Perspektive. Deutlich erkennbar sind darin zwei
vorspringende Thürme und ein bis über die Mittel-
axe hinaus erhaltener Giebel auf der Nordquer-
wand. Der ganz vorn stehende Thurm zeigt über seinem
aus hohen Platten construirten und durch eine Thür von
Süden her zugänglichen Unterbau, einen fünfmaligen Schichten-
wechsel ähnlich wie am Hochpostament des Agrippa vor den
Propyläen. Das Ganze ist von ärmlichen Häusern und Hütten
umdrängt, in der Mitte erhebt sich eine vollkronige Palme,
die bis über die Freiheitskriege hinaus ein besonderer
Schmuck dieser Gegend gewesen ist, da sie auf vielen Abbil-
dungen wiederkehrt. Auf der zweiten, gröfseren und beson-
ders werthvollen lithographischen Darstellung9) ist der Stand-
punkt der entgegengesetzte. Die Ruine ist von Nordost
gezeichnet und zeigt die bereits stattgefundene Verminderung
der Nordmauer, indem der Giebel nur noch zum kleinen
Theile von der Nordostecke anfangend erhalten ist Auch
Dodwell fafste den Bau als Ptolemaion und theilte eine
hier gefundene Inschrift mit, welche sich auf den Dios-
kuren -Tempel bezieht.

Spätere Angaben, u. A. bei Wilkins,10) geben keine
Ausbeute. In der Regel begnügt man sich Stuart's Situation
und Lokalbezeichnung zu adoptiren.

Erst der kritische Leake") erhob Einspruch gegen die
auffallend grofsen Dimensionen bei Stuart und glaubte wegen
der verschiedenen Struktur am Nord- und Südende die lang-
gestreckte Ruine in zwei Theile zerlegen zu müssen, von
denen er die der Kirche Fanaromem (richtiger H. Pyrgio-

1) Laborde, Athenes aux XV. XVI et XVII siecles. I, 78.

2) Laborde 1. c. 228.

3) Wheeler, A journey in Greece ed. 1682. 387.

4) Stuart und Revett, Deutsche Ausg. II, 189; 324; 335.
Anm. 2 ff.; und 486. Anm. 1.

5) Stuart, K. Lfg. XXVIII. PI. 9.

6) Chandler, Travels in Greece. 25.

7) Pomardi, Viaggio I, 108.

8) Dodwell, A tour etc. I, 371.

9) Dodwell, Views of the Cyclopian remains of Greece and
Italy. Lond. 1834. PI. 71.

10) Wilkins, Atheniensia 167.

11) Leake, Topogr. T.Athen. Deutsche Ausg. 192.

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